Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan hat mit einer weiteren Invasion in Nordsyrien gedroht. „Sollten die Terrorgebiete nicht wie versprochen gesäubert werden, nehmen wir die Sache selbst in die Hand“, sagte Erdoğan am Samstag bei einer Liveschaltung zur Eröffnung des kürzlich errichteten Staudamms Reyhanlı in der südtürkischen Provinz Hatay. „Eine menschliche Tragödie in Idlib werden wir niemals zulassen“, so der AKP-Chef weiter.
Diejenigen, die „Terrororganisationen“ ignorierten, könnten die Türkei nicht von ihrem Weg und ihren Zielen für 2023 abbringen, sagte Erdoğan. So wie im Balkan, dem Südkaukasus und im Mittelmeer werde die Türkei auch an den Staatsgrenzen „weiterhin aktiv“ sein, bis Stabilität einkehrt. Die Türkei befinde sich mitten in einer Krisenregion, die Provinz Hatay sei am meisten von den Zuständen in Syrien betroffen.
Ein Angriff der Türkei auf Idlib ist eher unwahrscheinlich, vielmehr deutet alles auf einen weiteren Angriffskrieg gegen die Autonomiegebiete in Nord-, Nordwest- und Nordostsyrien hin. Gegenüber der Stadt Dirbêsiyê werden bereits Gräben ausgehoben und Befestigungsanlagen errichtet. Auch finden Truppenverschiebungen in den bereits von der Türkei und ihren dschihadistischen Verbündeten besetzten Regionen statt. Offenbar wartet Ankara nur auf einen günstigen Moment, um die nächste Invasion gegen die befreiten Gebiete Nordostsyriens zu beginnen. Es ist durchaus möglich, dass das jüngste Kräftemessen in Idlib als Teil der Verhandlungen, die zwischen Ankara und Moskau über das Schicksal Nordostsyriens stattfinden, betrachtet werden muss. Auch der Stellvertreterkrieg in der Südkaukasus-Republik Arzach (Bergkarabach) zwischen Aserbaidschan und Armenien könnte Erdoğan letzten Endes nur als Verhandlungsmasse dienen, um grünes Licht für die Besatzung weiterer Gebiete Syriens zu erhalten.
Auch PDK errichtet neue Militäranlagen
In einer Zeit neuer Besatzungsambitionen und fortgesetzter Angriffe des türkischen Staates auf Başûr und Rojava (Süd- und Westkurdistan) errichtet auch die südkurdische PDK an der Grenze nach Nordostsyrien neue Militäranlagen und Beobachtungsposten. Die seit mittlerweile einem Monat andauernden Bauarbeiten finden im Grenzdreieck Rojava-Bakûr-Başûr statt und reichen im Süden bis nach Şengal. In einigen Gebieten werden Gräben gezogen.