Sicherheitsbehörden behindern die geplante bundesweite Demonstration am 27. November gegen das PKK-Verbot, erklärt der Kölner Rechtshilfefonds für Kurdinnen und Kurden, AZADÎ e.V., in seinem gerade erschienenen Infodienst:
In unserem letzten AZADÎ-Infodienst berichteten wir über die für den 27. November geplante bundesweite Demonstration in Berlin gegen das PKK-Verbot, das nun seit 28 Jahren besteht. Ziel der Demonstration ist es, die kurdische Bewegung aus der politischen Isolation in Deutschland herauszuholen, um somit zumindest die Möglichkeit eines neuen Dialoges zwischen dem türkischen Staat und der PKK zu ermöglichen. Dieser hätte das Potential auf weitreichende positive Veränderungen im gesamten Mittleren Osten.
Stattdessen scheinen aber die deutsche Politik und Sicherheitsbehörden Tayyip Erdoğan bei seinem Vernichtungsfeldzug gegen Kurd:innen in der Türkei, in Syrien und im Irak nach besten Kräften zu unterstützen, indem sie jegliche Proteste dagegen auch in Deutschland sabotiert.
Die Initiative „PKK-Verbot aufheben!“ kritisiert im Vorfeld der Aktionswoche und Großdemonstration massive Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit durch die deutschen Sicherheitsbehörden. So wurde die Internetseite, die für die Demonstration schon seit Monaten mobilisiert, unter fadenscheiniger Begründung vom Provider, STRATO AG, vom Netz genommen. Betroffen sind auch sog. Soziale Medien, über die der Aufruf zur Demo verbreitet werden sollte. Beiträge der Linksjugend solid Berlin, der Northeast Antifashists und der Kampagnen RiseUp4Rojava und Women Defend Rojava auf Instagram wurden gelöscht. Es kann davon ausgegangen werden, dass dies von den entsprechenden Unternehmen auf Druck der Sicherheitsbehörden erfolgte. Berichtet wird auch aus verschiedenen Städten, dass es beim Plakatieren für die Demonstration zu unverhältnismäßigen Kontrollen und Repression kommt.
Zurecht weisen die Initiator:innen darauf hin, dass auch die Mobilisierung für Demonstrationen durch das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit gedeckt ist. Dazu gehört natürlich auch der unzensierte Zugang zu (online-) Medien und das Plakatieren im öffentlichen Raum. Laut einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts sind die Behörden veranlasst, das Durchführen von Demonstrationen generell zu unterstützen und zu fördern.
Davon kann im Falle von Demonstrationen und Versammlungen, die sich mit dem Thema Kurdistan befassen, keine Rede sein. Fast reflexartig konstruiert die Polizei einen „PKK-Bezug“ und unternimmt alles, um solchen Demonstrationen oder Veranstaltungen Steine in den Weg zu legen, wenn ein gerichtliches Verbot nicht möglich ist. Dieses Vorgehen scheint sich in den letzten Monaten zu verstärken. So wurde der ursprünglich für den 11. Juli geplanten 4. Kongress des kurdischen Europadachverbandes KCDK-E im nordrhein-westfälischen Bergisch Gladbach kurzfristig verboten. Obwohl die Veranstaltung schon seit Wochen vorbereitet und transparente Einladungen erfolgt waren, untersagte die Kölner Polizei den Kongress am Vorabend um 17.00 Uhr per Telefonanruf bei den beiden Kovorsitzenden des KCDK-E, um rechtliche Schritte gegen die Verfügung unmöglich zu machen (s. Azadi-Infodienst Nr. 214).
AZADÎ selbst musste 2018 die Erfahrung machen, mit welchen mehr als fragwürdigen Umständen der Staatsschutz gegen Veranstaltungen vorgeht, gegen die er juristisch nichts in der Hand hat. Am Vortag des geplanten Symposiums zum Thema „25 Jahre PKK-Verbot“ erschienen Beamte im Karl-Liebknecht-Haus der Linkspartei, welches als Veranstaltungsort dienen sollte. Unter Verbreitung von Lügen und Halbwahrheiten über den vermeintlichen Charakter der geplanten Veranstaltung, brachten sie die anwesenden Mitarbeiter*innen dazu, ihre Räumlichkeiten für das Symposium kurzfristig abzusagen. Nur durch sehr schnelle Intervention und Kontakte zu Abgeordneten der Linkspartei konnte AZADÎ den Plan des Staatsschutzes durchkreuzen.
Wir denken generell, dass es in einem Rechtsstaat nicht zulässig sein sollte, dass Sicherheitsbehörden Druck auf private Unternehmen oder sonstige nichtstaatliche Stellen ausüben (seien es Provider, Vermieter:innen von Veranstaltungsorten oder Busunternehmen), um Demonstrationen oder andere Veranstaltungen, gegen die keine juristische Handhabe vorliegt, zu sabotieren. Wir sehen es auch nicht als Aufgabe der Polizei, ihre Kontakte zu den Medien zu nutzen, um beargwöhnte Veranstaltungen im Vorfeld zu diffamieren und zu diskreditieren, wie es im oben geschilderten Fall des geplanten KCDK-E Kongress gelaufen ist.
Mit Blick auf die geplante Demonstration gegen das PKK Verbot am 27. November gilt es jetzt, sich nicht einschüchtern zu lassen und umso entschlossener zu mobilisieren und teilzunehmen. Eine neue Homepage wurde übrigens aufgesetzt: https://verbotaufheben.noblogs.org/