Ein weiterer Besatzungsversuch!

Bei dem Einmarsch türkischer Truppen in Südkurdistan in der Nacht des 14. Dezember handelt es sich weder um den ersten noch um den letzten Besatzungsversuch.

Diese Operation war absehbar, da im Vorfeld militärische Sperrgebiete errichtet und Truppen an die Grenze nach Südkurdistan verlegt worden waren.

Am 14. Dezember 2017 versuchte das türkische Militär, den Berg Siro zu besetzen, der sich im Grenzgebiet zwischen Nord- und Südkurdistan befindet. Auf nördlicher Seite liegt er in der Nähe von Şemzinan (Şemdinli), im Süden von Diyana. Die Region hat eine strategische Bedeutung, weil sie sich nahe des Länderdreiecks zwischen dem Irak, dem Iran und der Türkei befindet. Aus diesem Grund ist sie ständig das Ziel von Besatzungsversuchen. Die türkische Armee hat diese Gegend in den vergangenen Jahren bereits oft angegriffen.

In erster Etappe wurden der Berg Siro und seine Ausläufer, Geliyê Reş, Kanîreş, Evdilkovî, Kitkîne sowie die Schluchten Masîro, Arî und Haşimi von F-16-Kampfjets in Begleitung von Drohnen bombardiert. Außerdem wurden das Dorf Bermizê und Umgebung sowie das Gebiet Deşta Heyate von Hubschraubern bombardiert. Zum Berg Siro wurden Truppen mit Hubschraubern transportiert.

Die Bevölkerung von Bermizê verließ das Dorf trotz heftiger Bombardierung nicht und signalisierte damit, gemeinsam mit den HPG und der YJA STAR Widerstand leisten zu wollen. Ein Dorfbewohner erklärte, die Menschen wollten sich bewaffnen und zusammen mit der Guerilla kämpfen, falls die türkische Armee ihre Angriffe fortsetze: „Ohne die Zustimmung der Regierung Südkurdistans hätte das türkische Militär gar nicht die Grenze fünf oder sechs Kilometer weit überschreiten und sich oberhalb von Bermizê festsetzen können.“

An der Militäroperation beteiligen sich auch Dorfschützer aus Gerdiya. Sie sagen, dass sie von der türkischen Armee betrogen worden seien. Ihnen sei vorher nur mitgeteilt worden, dass sie einen kurzen Auftrag zu erfüllen hätten. An der grenzüberschreitenden Operation hätten sie keinesfalls teilnehmen wollen. Anderen Dorfschützern sei der Befehl gegeben worden, sich für eine mögliche Operation bereitzuhalten.

Ob die Besatzungsoperation ausgeweitet wird, wird sich in den kommenden Tagen zeigen. Momentan gibt es abgesehen vom Berg Siro keine Truppenbewegungen. Die Operation wird vor allem mit Kampfjets, Drohnen und Hubschraubern sowie vom Boden aus mit Granatwerfern fortgesetzt. Auch diese Operation wird wie ihre Vorgängerinnen mit einem Fiasko enden. Bisher versucht das türkische Militär ausschließlich über Luftangriffe weiterzukommen. Es gibt keine Gefechte mit der Guerilla. Unseren Beobachtungen nach verfolgt die Guerilla vielmehr die Bewegungen des Militärs. Die Propaganda der AKP-Regierung über die intelligente Munition, in deren Besitz die türkische Armee sei, erweist sich somit als leer. Trotz der seit drei Tagen anhaltenden Luftangriffe gibt es bisher keine Verluste bei der Guerilla. Das bedeutet, dass die Operation von Beginn an ein Fiasko ist. Es zeigt, dass die Guerilla vorbereitet ist. Die Soldaten vermeiden direkte Gefechte und beschränken sich auf einen einzigen Berggipfel.

Die Regierungen des Irak und Südkurdistans schweigen zu diesem Besatzungsversuch. Die Bevölkerung in der Region reagiert wütend darauf. Trotzdem gibt es keine offizielle Stellungnahme der zuständigen Stellen. Es ist bekannt, dass der türkische Staat ständig in der Region nach Bündnispartnern für seinen Kampf gegen die Kurd*innen sucht. Derzeit ist offen, ob die südkurdischen Kräfte sich dafür benutzen lassen werden.

Letztendlich sind alle Methoden bereits ergebnislos ausprobiert worden. Die Form mag sich ändern, aber der Kern ist derselbe. Mal wird auf die Infanterie gesetzt, mal auf die Technik. Würden diese Operationen zum Erfolg führen, wäre die kurdische Befreiungsbewegung bereits vor 40 Jahren vernichtet worden.