Eichstätt: 22-jähriger Kurdin droht Abschiebung in die Türkei

Einer in der Türkei per Haftbefehl gesuchten 22-jährigen Kurdin droht an diesem Mittwoch aus München die Ausweisung in die Türkei. Dilek Agirman befindet sich seit Wochen in der Abschiebehaftanstalt in Eichstätt. Ihre Angehörigen sind besorgt.

Dilek Agirman soll in die Türkei abgeschoben werden. Als abgelehnte Asylbewerberin befindet sich die 22-jährige Kurdin seit Wochen in der Abschiebehaftanstalt im oberbayerischen Eichstätt. Der Termin für die Ausweisung per Privatjet ist für diesen Mittwoch vom Flughafen München angesetzt. Ihre Angehörigen sind besorgt und appellieren an die Öffentlichkeit, die Abschiebung zu verhindern. Denn die junge Frau wird in der Türkei per Haftbefehl gesucht.

Die 1998 im nordkurdischen Hezex (türk. Idil) in der Provinz Şirnex (Şırnak) geborene Dilek Agirman wird in der Türkei wegen ihrer regierungskritischen Meinungsäußerung in den sozialen Medien verfolgt. Bevor sie im August 2018 ihre Geburtsstadt verließ und in Deutschland Asyl beantragte, wurde sie in Şirnex festgenommen. Anschließend wurde ein Ermittlungsverfahren gegen Agirman eingeleitet. Als Grund wurden Beiträge der HDP-Aktivistin gegen die völkerrechtswidrige Invasion der Türkei in Nordsyrien herangezogen. Das Verfahren stützt sich auf konstruierte „Terrorvorwürfe“, die politisch motiviert sind. Mehrmals fanden in ihrer elterlichen Wohnung Razzien statt, obwohl den türkischen Strafverfolgungsbehörden bekannt ist, dass sich Agirman in der Bundesrepublik aufhält. Ein deutliches Indiz dafür, dass ihr in der Türkei im Fall einer Abschiebung massive Repression und eine langjährige Haftstrafe drohen.

Bruder bereits abgeschoben

Dass Dilek Agirman abgeschoben werden soll, wurde ihr im August von der Fachbereichsleitung des Landratsamtes Donau-Ries mitgeteilt. Die Ausländerbehörde legte ihr nahe, beim türkischen Konsulat in Nürnberg vorstellig zu werden, um sich einen Reisepass ausstellen zu lassen. Nach Angaben ihres in Duisburg lebenden Onkels Ahmet Teber tat sie das auch, das Dokument erhielt sie jedoch nicht. „Man teilte Dilek in der Botschaft mit, dass sie in der Türkei gesucht werde und das Konsulat unverzüglich zu verlassen habe. Die Herausgabe einer Kopie des Haftbefehls (liegt mittlerweile vor) wurde verweigert. Dilek traute sich nach diesem Vorfall nicht, erneut bei der Ausländerbehörde vorzusprechen. Ihr Bruder Sabri, der ebenfalls in Deutschland politisches Asyl beantragt hatte, war zuvor in Abschiebehaft genommen worden, nachdem er seine Duldung verlängern wollte. Er wurde bereits in die Türkei ausgeflogen. Sabri hatte sich geweigert, der Polizei den Aufenthaltsort von Dilek zu nennen. Daraufhin wurde ihre Unterkunft vermutlich per Handy-Ortung ermittelt. Sie wurde am 2. November festgenommen. Nach Eichstätt ist sie mit gefesselten Händen und Füßen abtransportiert worden“, erklärte Teber gegenüber der in Neu-Isenburg sitzenden Zeitung Yeni Özgür Politika.

Dilek hatte im September ihre Ausbildung begonnen

Dilek Agirman sollte eigentlich schon längst abgeschoben werden. Ein früherer Termin konnte nicht durchgeführt werden, da sie am Flughafen aus eigener Kraft erreichte, dass die Ausweisung nicht erfolgt. Wegen dieser Widerstandshandlung, wie es im Behördenjargon heißt, hat die Staatsanwaltschaft Landshut ein Strafverfahren gegen sie eingeleitet.

Wo Leib und Leben gefährdet sind oder den Rückkehrern Demütigung oder schweres Leid drohen, verbietet der deutsche Gesetzgeber eigentlich Abschiebungen. Doch insbesondere auf den Ausländerbehörden in Bayern werden Menschen wie Dilek Agirman abrupt aus ihrem Leben gerissen. Die junge Frau lebte bis vor Kurzem noch in Huisheim, einer Gemeinde im schwäbischen Landkreis Donau-Ries. Zum 1. September dieses Jahres hatte sie einen Ausbildungsvertrag zur Fachverkäuferin im Lebensmittelhandwerk abgeschlossen. Statt einer sicheren Zukunftsperspektive in Deutschland erwartet sie nun die Abschiebung in einen Staat, in dem Menschenrechte systematisch missachtet werden.