Der kurdische Politiker Halil Aksoy ist in Istanbul verhaftet worden. Der frühere Parlamentsabgeordnete muss eine Reststrafe von rund zwei Jahren absitzen, teilte seine Rechtsvertretung mit. Aksoy war Ende 2020 wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Terrorpropaganda von einem Istanbuler Gericht zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung saß der heute 75-Jährige bereits mehr als vier Jahre in Untersuchungshaft. Er kam gegen Auflagen frei. Da das Urteil inzwischen rechtskräftig ist, muss er erneut ins Gefängnis.
Halil Aksoy saß zwischen 2011 und 2015 als Abgeordneter mit dem Wahlkreis Agirî (tr. Ağrı) im türkischen Parlament. Zunächst gehörte er der Fraktion der Partei des Friedens und der Demokratie (BDP) an, 2014 traten er und weitere BDP-Abgeordnete der Demokratischen Partei der Völker (HDP) bei. Dies erfolgte im Rahmen eines Fusionsprozesses von BDP und HDP. Letztere war 2012 gegründet worden, um verschiedene Fraktionen linker und sozialistischer Gruppen im Westen des Landes zu bündeln.
Bis zu seiner Verhaftung im September 2016 war Halil Aksoy Mitglied im zentralen Exekutivrat BDP-Nachfolgepartei DBP (Partei der demokratischen Regionen). Verurteilt wurde er aufgrund einer Rede, die er 2011 gehalten hat. Seiner neuerlichen Verhaftung ging eine Festnahme durch die türkische Gendarmerie am Donnerstag im Istanbuler Bezirk Sultangazi voraus. Mittlerweile wurde der Politiker in das Hochsicherheitsgefängnis Metris gebracht. Sein Rechtsbeistand will noch im Laufe des Tages einen Haftentlassungsantrag stellen. Aksoy sei aufgrund diverser Erkrankungen erheblich eingeschränkt und nicht in der Lage, sich in Haft selbst zu versorgen.
Aksoy muss drei Viertel der Haftstrafe absitzen
Nach dem alten Strafvollzugsgesetz konnten Strafgefangene, die Freiheitsstrafen zu verbüßen hatten, grundsätzlich nach zwei Dritteln ihrer Haftzeit entlassen werden. Seit die AKP von Recep Tayyip Erdoğan und deren rechtsextremer Koalitionspartner MHP im Frühjahr 2020 das „Strafvollzug-Reformpaket“ durch das türkische Parlament brachten, fällt diese Regelung für die aus politischen Motiven verurteilten Gefangenen weg. Diese müssen seit der „Reform“ drei Viertel der Haftdauer absitzen, weil sie wegen angeblichen „Terrordelikten“ verurteilt wurden. Mördern, Sexualverbrechern und Drogenhändlern dagegen wird die Reststrafe nach 67 Prozent der abgesessenen Haftdauer zur Bewährung ausgesetzt.