In vielen Städten finden an diesem Wochenende Solidaritätsdemonstrationen für die palästinensische Bevölkerung statt, die ein Ende der Bombardierung des Gazastreifens fordern. Zu den zahlreichen aufrufenden Organisationen gehören auch die Vereinigungen der eelamtamilischen Bevölkerung, die sich unter anderem in Berlin und Köln an den Protestkundgebungen an diesem Samstag beteiligten.
Ein Sprecher des Volksrates der Eelamtamilen in Deutschland e.V. (VETD) kritisierte die einseitige Reaktion der herrschenden Politik und die Berichterstattung der Massenmedien. Es sei traurig, dass offenbar erst militärische Auseinandersetzungen nötig seien, damit die Weltöffentlichkeit hinsehe. Die Reaktionen der herrschenden Politik und Medien seien eingeübt und ritualisiert. Sie stellten sich auf die Seite des Aggressors, auf die Seite der korrupten und kriegsbegeisterten Netanjahu-Regierung.
Solidarität mit palästinensischen, kurdischen, armenischen Völkern
Die tamilische Diaspora verortete der Vertreter des VETD auf der anderen Seite und erinnerte an den bevorstehenden Jahrestag des Genozids an der tamilischen Bevölkerung in Sri Lanka am 18. Mai 2009, bei dem zehntausende Menschen durch das sri-lankische Militär umgebracht wurden. Aus diesem Grund wüssten die Tamilinnen und Tamilen nur zu genau, was es bedeute, gedemütigt, bekämpft, eingesperrt und ermordet zu werden und betonte die Solidarität mit der palästinensischen, der kurdischen, der armenischen und allen anderen vertriebenen Minderheiten.
Kritik an westliche Staaten
Deutliche Worte der Kritik richtete der VETD an die westlichen Staaten: „Der Westen findet mahnende Worte und verfasst ab und an eine halbgare Erklärung, das ist alles. Das klingt gut und hat keine Folgen. Denkt nur an Rojava. Die Waffen werden trotzdem geliefert, denn das ist lukrativ, so funktioniert das imperialistische Weltsystem.“ Widerstand gegen die Kriegspolitik der jeweiligen Staaten, die andere Bevölkerungen besetzten und vertrieben sei legitim, auch aus völkerrechtlicher Sicht. Dieser werde politisch und juristisch bekämpft und ihre Vertreter:innen kriminalisiert.
Welche Vernunft? Was ist vernünftig?
„Doch wehe, wenn die Unterdrückten sich wehren. Dann werden sie zu Terroristen erklärt, ihre Organisationen verboten, ihre Mitglieder unter Umständen auch im Exil eingesperrt. Dann wird von den Herrschenden des Westens appelliert, die angeblichen „beiden Seiten“ müssten jetzt zur Vernunft kommen. Wir fragen: Welche Vernunft? Was ist vernünftig? Für uns bedeutet Vernunft, sich gegen Unterdrückung, Ausbeutung und Armut zu wehren. Denn es handelt sich nicht um Konflikte auf Augenhöhe: unterdrückte Bevölkerungen stehen hochgerüsteten und bis an die Zähne bewaffneten, regulären, staatlichen Armeen gegenüber. Wer das nicht sieht und berücksichtigt, ist verblendet oder betreibt bewusste Desinformation.“
Widerstand muss sich gegen Regierung richten
Der VETD veruteilte unmissverständlich Angriffe auf Zivilist:innen und den Versuch, die Proteste gegen den israelischen Angriff für antisemitische Hetze zu nutzen, wie dies zum wiederholten Male von türkischen Nationalisten versucht wird. „Wer jetzt aber vielleicht denkt, wir halten es für legitim, dass Zivilisten angegriffen werden, irrt sich. Ganz im Gegenteil! Der Widerstand muss sich gegen die Regierung richten, er darf nicht Menschen treffen, nur weil sie auch dort leben. Das sage ich auch an die Adresse rechter Nationalisten, die versuchen, legitime Proteste für ihren antisemitischen Hass zu instrumentalisieren. Ihr seid nicht unsere Bündnispartner, ihr seid unsere Gegner! Hier und in jedem Land!“
Gegenmacht für solidarische Gesellschaftsmodelle aufbauen - jenseits des Kapitalismus
Es sei von großer Bedeutung, die Ursachen völkerrechtlicher Konflikte zu benennen. Diese sei nie nur ein Gesetz oder eine Maßnahme, nicht allein Religion oder nationale Zugehörigkeit, sondern immer Vertreibung, Besatzung, systematische Benachteiligung und die Entrechtung von Bevölkerungsgruppen. „Nur wenn dieses Unrecht überwunden wird, besteht die Chance auf einen gerechten Frieden. Die Grundlage dafür ist das Selbstbestimmungsrecht der Völker, von sozialen und religiösen Gruppen, von allen Menschen! Das können wir nur dann erreichen, wenn die Unterdrückten von heute zusammenhalten, nach Alternativen suchen und eine Gegenmacht für solidarische Gesellschaftsmodelle aufbauen - jenseits des Kapitalismus! Wer darauf wartet, dass die Imperialisten und ihre Handlanger und Henker uns Freiheit schenken, hat verloren! Denn uns aus dem Unrecht zu erlösen, können wir nur selber tun!“