Türkische Angriffe auf Şengal
Der Demokratische Autonomierat Şengal (MXDŞ) hat in Sinûn gegen die tödlichen Angriffe der Türkei protestiert. In den vergangenen beiden Tagen sind das Şengal-Gebirge und zivile Siedlungen 16 Mal von türkischen Kampfjets und Drohnen bombardiert worden. Bei den Angriffen kamen sechs Kämpfer der Widerstandseinheiten Şengals (YBŞ) ums Leben, eine Zivilistin wurde verletzt. Parallel zu den Luftangriffen auf das ezidische Kerngebiet im Nordwesten des Irak wird auch die Autonomieregion Nord- und Ostsyrien massiv bombardiert, Dutzende Menschen wurden getötet und verwundet, darunter auch Kinder.
In der Kreisstadt Sinûn in Şengal gingen heute wütende Menschen auf die Straße und machten ihre Widerstandsbereitschaft deutlich. „Die Angriffe auf Rojava und Şengal sind Kriegsverbrechen“ lautete der Tenor der Demonstration, auf der die Vereinten Nationen und die irakische Regierung zum Handeln aufgefordert wurden. Şemê Remo, Koordinationsmitglied der ezidischen Frauenbewegung TAJÊ, sagte in einer Rede, dass die Türkei gezielt Menschen tötet, die die ezidische Gemeinschaft 2014 gegen die islamistische Terrormiliz IS verteidigt haben.
Auch in Europa wird vor der großen Gefahr für die ezidische Gemeinschaft gewarnt. Die ezidischen Dachverbände SMJÊ und NAV-YEK erklärten in einer Mitteilung: „Die Region Şengal, das Siedlungsgebiet der Êzîdinnen und Êzîden, wurde 2014 vom sogenannten ,Islamischen Staat' (IS) überfallen. Der IS verübte einen Genozid und Femizid an den Êzîd:innen. Mit ihren Angriffen auf ein Gebiet, welches vor zehn Jahren durch den IS-Genozid destabilisiert wurde, setzt die Türkei nun das Erbe des IS fort.“
Die anhaltenden Angriffe der Türkei seien Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit und dienten der Unterstützung islamistischer Gruppierungen. Der IS sei nicht nur eine Gefahr für die Menschen in der Region, sondern auch hier in Europa und vor allem in Deutschland. SMJÊ und NAV-YEK wiesen darauf hin, dass Deutschland mit der Anerkennung des IS-Massakers als Völkermord an den Ezidinnen und Eziden Verpflichtungen eingegangen ist: „Die Bundesregierung muss ihren Worten nun Taten folgen lassen und ihren NATO-Partner zur Beendigung dieser völkerrechtswidrigen Angriffe bewegen!“
Forderungen
Die Verbände forderten:
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die Einstellung der dauerhaften Angriffe der Türkei auf die Region Şengal/Sinjar:
Die fortlaufenden Angriffe auf Êzîd:innen müssen umgehend eingestellt werden. Nur durch eine Befriedung der Region können die Menschen in ihre Heimat zurückkehren, sie wieder aufbauen und sich dort niederlassen.
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eine internationale Verurteilung der Angriffe auf die Infrastruktur und Zivilbevölkerung:
Die internationale Gemeinschaft muss entschieden gegen die Angriffe vorgehen und darf nicht länger zuschauen, wie der türkische Staat kurdische Gebiete durch Krieg und Besatzung ihrer Lebensgrundlagen beraubt.
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die Beendigung aller Waffenlieferungen oder Drohnenkomponenten an die Türkei:
Die Lieferung von Waffen und Drohnenkomponenten an die Türkei muss gestoppt werden, da sie für völkerrechtswidrige Angriffe verwendet werden. Die Türkei darf nicht befähigt werden, ihre Nachbarländer anzugreifen und zu besetzen.
Die Bombardierung von Siedlungen der Überlebenden eines Genozids darf nicht stillschweigend hingenommen werden! Die Türkei muss für ihre Verbrechen vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag angeklagt und verurteilt werden.
Wir appellieren auch an die deutsche Medienlandschaft, die türkische Berichterstattung nicht unkritisch zu übernehmen und stattdessen ein ehrliches Interesse an einer wahrheitsgemäßen Berichterstattung zu zeigen. Wir bieten uns als Gesprächspartner:innen an und stellen gerne Kontakte in die Region her. Die völkerrechtswidrigen Angriffe der Türkei auf Şengal stellen eine Fortsetzung des IS-Angriffs dar und müssen dringend gestoppt und international geächtet werden!