Dersim soll menschenleer werden

Der HDP-Abgeordnete Alican Önlü bewertet die offizielle Politik in Dersim. Die AKP habe die 90-jährige Politik der Republik aktualisiert. Durch die Politik des Zuckerbrot und Peitsche-Prinzips soll nun die Stadt entvölkert werden, erklärt er.

In Dersim, wo die repressive Politik des türkischen Staates sehr intensiv ist und immer wieder militärische Operationen durchgeführt werden, ist die Region nun völlig zur verbotenen Zone erklärt worden. Alican Önlü hat im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Mezopotamya die totalitäre Staatspolitik in Dersim sowie Operationen der türkischen Armee und die sogenannten Sondersicherheitsgebiete beurteilt.

Der HDP-Abgeordnete betonte, dass der türkische Staat eine verwurzelte Politik gegenüber Dersim betreibt und seit 90 Jahren eine Politik der Aggression auf Identität, Natur und Glauben ausgeführt wird. Önlü wies auch darauf hin, dass das konkreteste Beispiel dieser Politik das Massaker von 1937/38 ist und die Völkermordpolitik weiterhin anhält.

Önlü unterstrich, dass die Politik in Dersim nicht das Ergebnis der letzten zwei Jahre, sondern die Fortsetzung des Massakers von 1937/1938 sei. Önlü bezeichnete die AKP als „puren Faschismus“ und sagte: „Die AKP ist ein klares Beispiel für die Politik von 90 Jahren Faschismus, Zerstörung und Assimilation. Sie ist die ausführende Kraft und hält die auf Massaker basierende, 90-jährige Politik ständig auf dem Laufenden.

Das Prinzip von Zuckerbrot und Peitsche in Dersim

Önlü sagte, dass die besondere Kriegspolitik des Staates nicht nur auf Dersim gerichtet ist, sondern im Ganzen auf den Widerstandskampf des kurdischen Volkes abzielt: „Das, was heute passiert, ist keine Eintagsfliege. Es hat einen historischen Hintergrund. Die Politik des Staates kann je nach Region variieren. Während in vielen Teilen Kurdistans die Repression sehr entschieden erfolgt, wird die Unterdrückung in Dersim dezenter angewandt. Der Grund und das Ziel der Umsetzung auf diese Weise ist, die kurdisch-alevitische Gemeinschaft in der Region zu spalten. Während die Politik der Peitsche in ganz Kurdistan angewendet wurde, ist in Dersim die Zuckerbrotpolitik eingesetzt worden. In den letzten zwei Jahren jedoch wird das Zuckerbrot und Peitschen-Prinzip im Ganzen angewandt.“

Ziel ist die erneute Abwanderung der Bevölkerung und Entvölkerung der Region

In Bezug auf die Praktiken, die in Dersim durchgeführt werden, sagte Önlü: „Dersim wurde niedergebrannt und zerstört. Die Friedhöfe wurden zerstört. Die gesamte Geografie ist zur verbotenen Zone erklärt. In den abgesperrten Gebieten gibt es Gebetshäuser, zu denen der Zugang jedoch verboten ist. Die Beziehung der Menschen mit der Natur wurde durch die Staudämme überschwemmt. Seit dem 40-jährigen Krieg hat es noch nie so oft gebrannt wie im vergangenen Jahr. Selbst gegen die Natur der Region wird eine feindliche Politik verfolgt. In Dersim wird wieder mal die Abwanderung der Bevölkerung und Entvölkerung beabsichtigt.“

Ernstzunehmende Abwanderung

Nach den Statistiken und der Bevölkerungsdichte ist Dersim die Region, aus der die meisten Menschen abwandern. „Es gibt kaum eine Person in Dersim, gegen die nicht ermittelt wird. Entvölkerung fand in den 1990er Jahren mit dem Niederbrennen von Dörfern statt. Heute jedoch werden sowohl die Dörfer zerstört als auch alle Arten von Einschüchterungs- und Repressionspolitik angewandt. Menschen, die in den 90er Jahren gezwungen wurden, ins Ausland zu ziehen, kehren seit etwa zehn Jahren in ihre Gebiete zurück. Diese Regionen stehen jedoch weiterhin einer Umsiedlungspolitik gegenüber. Zwar können wir noch keine genauen Zahlen angeben, doch gibt es in Dersim eine sehr ernsthafte Abwanderungsrate. Doch die Bevölkerung wird diese Politik zum Scheitern bringen“, so der HDP-Abgeordnete.

Staatlich eingesetzter Treuhänder wenden kulturellen Genozid an

In Bezug auf die Handlungen in Dersim des staatlich eingesetzten Treuhänders sagte Önlü: „Die demokratisch gewählte Lokalverwaltung steht unter Besatzung. Die gewählten Vertreter*innen werden als Geiseln gehalten. Mit der Ernennung eines staatlichen Treuhänders wird der kulturelle Völkermord fortgesetzt. Schilder, die an das Massaker von 1938 erinnern, wurden entfernt. Glaubenszentren werden durch die staatlich eingesetzte Verwaltung assimiliert. Das Verwaltungsgebäude gleicht einer Militärkaserne. Die Bevölkerung möchte die Region nicht verlassen. Die Verwaltung hegt keine Anstrengungen gegenüber dem Glauben der Menschen, der Kultur und der Sprache. Alle Ressourcen der Verwaltung werden auf unrechtmäßige Weise geplündert. Trotz all dem wird die Bevölkerung ihren eigenen Willen durchsetzen.“