Letzten Donnerstag fand in Bayern wieder einmal ein sogenannter „Fahnenprozess“ gegen einen Kurden statt. Diesmal bemühte die Staatsanwaltschaft Augsburg das Gericht wegen Beiträgen auf Facebook. Es ging um dort geteilte Fahnen und Symbole der PKK und das Portrait des Repräsentanten der kurdischen Bewegung Abdullah Öcalan.
Aufmerksam wurde der Staatsschutz auf den Mann, der schon 2018 ein ähnliches Verfahren durchstehen musste, weil sich ein Polizist mittels einer fingierten „Freundschaftsanfrage“ in die „Freundesliste“ eingeschlichen hatte und die Postings verfolgte. Betrachtet man die Vielzahl derartiger Verfahren in Bayern scheint das Ausspähen von Beiträgen in sozialen Netzwerken eine der Hauptaufgaben bayrischer Polizeibeamter zu sein.
Verteidigung erklärt juristische Details
Wie so oft in diesen Prozessen musste auch diesmal die Verteidigung dem Gericht die juristischen Details erklären: Das Zeigen des Konterfeis von Abdullah Öcalan steht seit 2017 dann nicht unter Strafe, wenn damit unter Menschenrechtsgesichtspunkten die Haftbedingungen moniert werden und die Freilassung gefordert wird. Das öffentliche Zeigen oder Posten der YPG-Fahne ist dann strafbar, wenn eine Verbindung zur in Deutschland verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) erkennbar ist.
Umstrittene Rechtslage
Obwohl die Rechtslage durchaus umstritten ist und in einigen Bundesländern auch schon Freisprüche erfolgten, nahm die Staatsanwaltschaft in Augsburg lediglich die Anklage von zwei monierten Facebook-Beiträgen zurück. Amtsrichter Thomas Müller-Froelich verhängte daraufhin eine Strafe von 60 Tagessätzen, die zu den im Jahr 2018 wegen des gleichen Sachverhalts verhängten 90 Tagessätzen addiert wurden. Insgesamt beläuft sich die Geldstrafe somit auf 2.250 Euro. Der Angeklagte behält sich vor, dagegen in Berufung zu gehen.
Lokalpresse im üblichen Framing
Die Lokalpresse nutzte ihren Bericht über den Fall für das in Deutschland leider übliche Framing und erinnerte im Vorspann erst mal an „die schlimmsten Krawalle, die Augsburg in der Nachkriegsgeschichte erlebte“. Gemeint sind damit Proteste im Rahmen einer Newroz-Feier in den 90er Jahren als Antwort auf das PKK-Verbot. Mehr als 20 Jahre sind seitdem vergangen, aber noch immer wird in den deutschen Medien die Freiheitsbewegung mit dem Stigma „terroristisch“ versehen. Man könnte meinen, das sei deutsche Staatsräson – oder aber die Ignoranz, sich mit den Inhalten und dem Paradigmenwechsel in der PKK ernsthaft auseinander zu setzen. Vielleicht aber auch beides.