Celle: Veranstaltung zur kulturellen Revolution Kolumbiens

In der Veranstaltungsreihe „Internationale Stimmen – Gegen Ausbeutung, Unterdrückung und Krieg” in Celle bekamen die Besucher:innen im Gespräch mit Manuel Borja einen Einblick in die jüngere Geschichte Kolumbiens.

Im niedersächsischen Celle hat am Mittwoch im Verein „Kultur Trif(f)t“ eine Veranstaltung zur kulturellen Revolution Kolumbiens stattgefunden. Es war die zweite der Veranstaltungsreihe „Internationale Stimmen – gegen Ausbeutung, Unterdrückung und Krieg“ des Arbeitskreises Internationalismus.

Im gemeinsamen Gespräch mit Manuel Borja, dessen Heimat Kolumbien ist und der seit mehreren Jahren in Celle lebt, bekamen die Besucher:innen einen Einblick in die jüngere Geschichte des Landes, die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen der letzten Jahre und die Bedeutung der aktuellen Regierung.

Große soziale und wirtschaftliche Ungerechtigkeit

Zu Beginn war die schwierige Ausgangssituation in Kolumbien Thema. Denn das Land, in dem 50 Millionen Einwohner:innen auf einer dreifachen Fläche Deutschlands leben, ist geprägt von großer sozialer und wirtschaftlicher Ungerechtigkeit. Aktuelle Probleme sind u.a. die Zerstörung der Artenvielfalt, Landraub und der sogenannte „Krieg gegen die Drogen“.

In den letzten Jahren spitzte sich eine breite gesellschaftliche Bewegung immer mehr zu, um der Gewalt und der Ungerechtigkeit Einhalt zu gebieten. Dabei spielen vor allem indigene, feministische und ökologische Gruppen und Ideen eine große Rolle.

So wurde beispielsweise die Guardia Feminista (feministische Wache) geschaffen, um die Verteidigung gegen Gewalt und sexistische Angriffe sowohl von Sicherheitskräften als auch innerhalb der eigenen Organisationen aufzubauen und Unterstützungsstrukturen für alle Frauen und unterdrückten Geschlechter zu schaffen.

Bevölkerung ist sich ihrer eigenen Kraft bewusst geworden

Manuel Borja unterstrich, dass es eine Veränderung der Kultur war, die schließlich den gesellschaftlichen Umschwung bewirkte. Die Ungerechtigkeit war zu viel und die Bevölkerung ist sich ihrer eigenen Kraft für die nie geglaubte Veränderung endlich bewusst geworden.

Die jetzige Regierung, als erste linke in der Geschichte des Landes, mit dem Präsidenten Gustavo Petro, der ein ehemaliger Guerillakämpfer ist und einer afro-amerikanischen Vize-Präsidentin, die aus ökologischen und feministischen Kämpfen kommt, sind Anzeichen für die grundlegende Veränderung.

Aber auch das gefundene Selbstbewusstsein der Gesellschaft schützt die demokratischen Bestrebungen nach Gerechtigkeit und Umverteilung. Besonders ist, dass die bisherige Vereinzelung in der Gesellschaft einer höheren Sensibilisierung und gegenseitigen Empathie gewichen ist. Und das ist, laut Manuel Borja, die revolutionäre Veränderung in der Kultur im Denken der Menschen. Dieser Mentalitätswechsel bewirkt, dass die Menschen ihre gegenseitigen Interessen mehr wahrnehmen und statt Gewalt zu nutzen, miteinander ins Gespräch gehen.

Auch wenn die Gefahr besteht, dass die fortschrittlichen Bestrebungen der neuen Regierung verwässern oder rechte Kräfte ihren Einfluss wieder ausdehnen, ist diese Kulturrevolution mit ihren Auswirkungen schon jetzt ein großer Erfolg, welche Hoffnung auf eine gerechtere Zukunft für die Menschen in Kolumbien gibt.

Offensichtliche verfolgt die aktuelle Regierung gute Absichten, jedoch drängt die Zeit, da eine Wiederwahl des Präsidenten verfassungsrechtlich ausgeschlossen ist. So droht nach vier Jahren ein erneuter Kurswechsel in der Regierung, wogegen nur eine starke gesellschaftliche Organisierung schützt.