Candîn Resul: Aus IS-Gefangenschaft nach Deutschland

Candîn Resul ist zur Zeit des Kampfes um Kobanê in IS-Gefangenschaft geraten. Jetzt lebt er seit drei Jahren in Deutschland. Murat Mang hat für die Tageszeitung Yeni Özgür Politika mit ihm gesprochen.

Candîn Resul treffen wir auf der Newroz-Feier in Hannover. Er trägt YPG-Kleidung. Es ist kalt, aber Candîn strahlt mit dem Stolz, mit dem er seine Kleidung präsentiert, und einem herzlichen Lächeln Wärme aus. Zur Zeit des Kampfes um Kobanê ist er in IS-Gefangenschaft geraten. Jetzt lebt er seit drei Jahren in Deutschland.

Der 23-jährige Candîn Resul ist zu Beginn des IS-Angriffs auf Kobanê bei einer Straßenkontrolle vom IS gefangen genommen worden. Nach achtmonatiger Haft konnte er sich durch einen Zufall retten.

Candîn erzählt: „Ich war auf dem Weg von Kobanê in mein Dorf. An einem Kontrollposten wurde unser Fahrzeug gestoppt. Sie kontrollierten unsere Ausweise und stellten fest, dass ich aus Kobanê stamme. ‚Bist du Kurde?‘ fragten sie mich. Ich bejahte und sie nahmen mich und Dutzende weitere Kurden mit. Wir wurden gefoltert. Sie schlugen und beleidigten uns.

Zunächst brachten sie uns nach Minbic. Dort wurden wir verhört. Ich wurde gefragt, ob ich gegen den IS gekämpft hätte. Sie sagten ständig: ‚Ihr Kurden seid Ungläubige und wir werden euch auslöschen‘. Sie waren sehr brutal. Es war eine harte Zeit. Sie hatten Tausende kurdische Gefangene. Die weiblichen Gefangenen wurden an einem anderen Ort festgehalten. Die Gefangenen wurden als lebende Schutzschilde benutzt, deshalb nahmen sie uns mit, wohin sie auch gingen.“

Während seiner Gefangenschaft sei er Zeuge des grausamen Vorgehens des IS geworden, erzählt Candîn: „Sie gaben uns Koran-Unterricht. Ich habe viel gesehen in dieser Zeit. Es gab auch arabische Gefangene, aber die meisten waren Kurden. Sie führten Ermittlungen durch. Diejenigen, die als schuldig erachtet wurden, wurden vor unseren Augen geköpft. Sie hackten auch Hände und Arme ab. Zu uns sagten sie, dass sie mit allen ungläubigen Kurden so verfahren würden.“

Vater seit drei Jahren vermisst

Aus Minbic sei er schließlich nach Bab gebracht worden, erzählt Candîn weiter. Auch sein Vater sei vom IS gefangen genommen worden: „Mein Vater wurde drei Monate vor mir gefangen genommen. Seit drei Jahren haben wir nichts mehr von ihm gehört. Wir haben überall herumgefragt, aber er ist nicht auffindbar.“

Seine Rettung aus der IS-Gefangenschaft sei Glücksache gewesen, meint Candîn lachend: „Es war tagsüber. Zwischen dem Gebäude, in dem wir festgehalten wurden, und dem IS-Hauptquartier lag nur ein geringer Abstand. An diesem Tag wurde auch unser Gebäude von einem Luftangriff getroffen. Die Wand stürzte ein. Es herrschte Chaos und in diesem Moment sind wir zu zehnt geflohen. Auch die IS-Leute rannten um ihr Leben. Von dort aus sind wir nach Kobanê gegangen. Die Freund*innen in Kobanê verhörten uns zunächst und beschützten uns. Der Kampf um Kobanê war schon fast vorbei.“

Trotz des unmenschlichen Grauens, das Candîn in IS-Gefangenschaft erlebt hat, zeugen seine Augen von der Hoffnung, die er weiterhin im Herzen trägt.