Bundesärztekammerchef fordert Freilassung von Fincancı

Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, fordert in einem Schreiben an den türkischen Regimechef Erdoğan die sofortige Freilassung seiner Amtskollegin Şebnem Korur Fincancı.

Die Inhaftierung der Präsidentin des Ärzteverbands der Türkei (TTB) und Menschenrechtsverteidigerin Şebnem Korur Fincancı nach ihrer Forderung einer unabhängigen Untersuchung von Chemiewaffeneinsätzen gegen die kurdische Guerilla führt international zum Protest. Neben dem Weltärztebund hat auch der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, das Wort ergriffen.

Reinhardt erklärte am Donnerstag: „Die Verhaftung von Frau Professor Fincancı stellt einen Angriff auf das Recht zur freien Meinungsäußerung und auf die ärztliche Selbstverwaltung dar.“ Er forderte den türkischen Regimechef Tayyip Erdoğan dazu auf, Fincancı umgehend freizulassen.

Menschenrechtsverletzungen zu thematisieren ist Pflicht jedes Arztes“

Reinhardt unterstrich, Ärzt:innen seien dem Wohlergehen der gesamten Gesellschaft verpflichtet, und betonte: „Diese Haltung ist der Kern des ärztlichen Selbstverständnisses.“ Wie kaum eine andere stehe Fincancı dafür, dass ärztliches Handeln untrennbar mit dem Eintreten für Menschenrechte verbunden sei. Mögliche Menschenrechtsverletzungen zu thematisieren, sei Pflicht jeder Ärztin und jedes Arztes, so der BÄK-Präsident.

Auch die Ärztekammer Berlin schloss sich dem Protest an. Der Chef der Berliner Ärztekammer, Dr. Peter Bobbert, kritisierte, die Festnahme der Kollegin aus der Türkei verstoße gegen grundlegende Menschenrechte. Er forderte die Einhaltung der Meinungsfreiheit in der Türkei.

IPPNW und vdää: Baerbock muss sich für Fincancıs Freilassung einsetzen

Die Internationale Verband der Ärzt:innen zur Verhinderung eines Atomkriegs (IPPNW) sowie der Berufsverband Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte (bdää) forderten Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) auf, sich für die Freilassung von Şebnem Korur Fincancı einzusetzen. Die Organisationen seien „sehr besorgt über die erneute Verhaftung der Vorsitzenden der Türkischen Ärztekammer und der türkischen Menschenrechtsstiftung.“ Fincancı wird als eine „international renommierte Gerichtsmedizinerin“ beschrieben, die mit vielen Preisen für ihren „unbestechlichen und unermüdlichen Einsatz für die Menschenrechte, gegen Folter, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen in der Türkei und in der ganzen Welt“ ausgezeichnet worden sei.

Außenministerium „besorgt“

Das Auswärtige Amt twitterte, es sei „besorgt“ über die Verhaftung Fincanıs, einer „mutigen und aufrechten Stimme für Menschenrechte in der Türkei“. Statt ihre Freiheit zu fordern, beschränkte sich das Auswärtige Amt auf die Forderung nach schneller und rechtsstaatlicher Aufklärung der Vorwürfe gegen sie. Was an der Kriminalisierung der Forderung nach einer Untersuchung der Chemiewaffeneinsätze, abgesehen von den Einsätzen selbst, aufzuklären ist, bleibt das Geheimnis des Auswärtigen Amts. Vor diesem Hintergrund bleibt auch die Forderung nach freier Rede durch das Auswärtige Amt hohl. Es wäre stattdessen Aufgabe des Auswärtigen Amtes, die Forderung Fincancıs nach Untersuchung des Einsatzes international geächteter Waffen durch die türkische Armee zu übernehmen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten.