Im Demokratischen Kurdischen Gesellschaftzentrum in Berlin fand am Mittwoch eine Veranstaltung zum PKK-Verbot unter dem Titel „Das PKK-Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof – Gründe, Ergebnisse und Möglichkeiten“ statt. Auf dem von Mazlum Karagöz von NAV-Berlin moderierten Panel sprachen der Journalist Muhammed Kaya und der Jurist Mahmud Şakar von MAF-DAD e.V. (Verein für Demokratie und internationales Recht).
Karagöz erklärte, dass man die Angriffe und die Kriminalisierung der kurdischen Freiheitsbewegung in Europa und insbesondere in Deutschland nicht länger hinnehmen könne. Das seit 28 Jahren andauernde PKK-Verbot müsse endlich enden. Dafür müsse dringend Öffentlichkeit hergestellt werden.
Der Journalist Muhammed Kaya sprach über das PKK-Verbot im Kontext der europäisch-türkischen Beziehungen und beschrieb deren Geschichte: „In der bipolaren Weltordnung, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg herausgebildet hatte, wollte die Türkei Teil des westlichen Blocks sein. Sie schickte Soldaten in den Koreakrieg für ihren NATO-Beitritt. Im Jahr 1959 beantragte sie die Mitgliedschaft in der 1958 gegründeten EWG. Das Abkommen von Ankara wurde 1963 unterzeichnet. Die heutigen Beziehungen zwischen der Türkei und der EU beruhen auf diesem Abkommen. Nach dem Militärputsch von 1980 wurden die Beziehungen unterbrochen und erreichten 1983 wieder ein gewisses Niveau. In den Beziehungen zwischen der Türkei und der EU steht die Erfüllung der Kopenhagener Kriterien in den Bereichen Politik, Wirtschaft und Recht im Vordergrund. Auf dem Gipfel von Helsinki 1999 wurde der Türkei der Kandidatenstatus zuerkannt. 1999 war ein wichtiges Jahr für die Kurden, denn es war das Jahr des internationalen Komplotts gegen den kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan. Im Jahr 2005 nahm die Türkei Beitrittsverhandlungen mit der EU auf.“
Şakar: „Europa muss sich mit dem Terrorbegriff auseinandersetzen“
Mahmut Şakar erinnerte an die von der iranischen Sittenpolizei ermordete Jina Mahsa Amini und grüßte den Widerstand im Iran und Ostkurdistan. Er forderte Europa auf, sich mit seinem Terrorbegriff auseinanderzusetzen, und erinnerte daran, dass die europäischen Staaten 2016 vor schwersten türkischen Verbrechen wie der Ermordung von weit über hundert Menschen in den „Todeskellern von Cizîr“ die Augen verschlossen habe. In den sogenannten Todeskellern starben mindestens 178 Menschen, die vor dem Artilleriebeschuss der türkischen Aufstandsbekämpfungseinheiten Schutz gesucht hatten. Die Keller wurden von Panzern gesprengt oder es wurde Benzin in sie eingeleitet und die Eingeschlossenen bei lebendigem Leibe verbrannt.
Şakar kritisierte, dass demokratische Aktivitäten von Kurd:innen nach den deutschen Terrorparagraphen 129 a/b kriminalisiert würden. Dies sei eine politische Entscheidung und rechtswidrig. Gleichzeitig erinnerte er daran, dass das PKK-Verbot und die Verfolgung kurdischer Vereine in Europa und Deutschland zu einer Zeit begannen, als die Morde und das Verschwindenlassen durch den türkischen Staat ihren Höhepunkt erreicht hatten.
Auf die EU-Terrorliste wurde die PKK 2002, in einer Phase des Waffenstillstands und des Versuchs, einen Friedensprozess in Gang zu bringen, aufgenommen. Dazu sagte Şakar: „Die PKK wurde bis heute nicht in die Terrorliste der Vereinten Nationen aufgenommen. Die Aufnahme der PKK auf die Terrorliste während der Phase der Demilitarisierung und des Rückzugs der PKK ist ein weiteres Produkt dieser Politik. Die Menschen wissen aber, dass die PKK den gerechten Kampf des kurdischen Volkes führt und das kurdische Volk vertritt.“
Die Entscheidung, die PKK als terroristische Vereinigung einzustufen, ist mehrfach vom Europäischen Gerichtshof für rechtswidrig erklärt worden. Diese Entscheidungen haben jedoch keine Konsequenzen, da die EU-Behörden die PKK jedes Mal wieder neu listen.