Berlin: Kurdische Frauenbewegung auf Mietenstopp-Demonstration

An der gestrigen Großdemonstration „Gemeinsam gegen Verdrängung“ in Berlin beteiligte sich auch der kurdische Frauenrat Dest-Dan. Die Berliner Polizei ging gegen ein Transparent vom Berliner Widerstandskomitee mit der Aufschrift „Berxwedan Jiyan e“ vor.

Etwa 40.000 Menschen protestierten gestern gegen Verdrängung, Gentrifizierung und die endlose Verteuerung von Wohnraum unter dem Motto „Mietenwahnsinn stoppen“ in Berlin. Auch kurdische Aktivist*innen und viele Menschen, die sich mit der kurdischen Freiheitsbewegung solidarisieren, beteiligten sich an der Demonstration, unter ihnen auch der kurdische Frauenrat Dest-Dan.

„Als Kurden in allen Bereichen von Diskriminierung betroffen“

Der kurdische Frauenrat Dest-Dan kritisierte in seinem Redebeitrag den Rassismus auf dem Wohnungsmarkt, das Vorgehen des deutschen Staates gegen Kurd*innen und die Internierung von Flüchtlingen: „Unsere Wohnungen werden durchsucht, kurdische Verlage und Musikvereine werden verboten. Als Kurdinnen und Kurden sind wir in allen Bereichen von Rassismus, Kriminalisierung, Diskriminierung betroffen.

Flüchtlinge werden interniert und vom Wohnungsmarkt ausgeschlossen

Viele Kurdinnen und Kurden sind vor dem faschistischen türkischen Regime oder sogar vor den IS-Banden hierher geflüchtet und werden danach hier nicht selten vom Wohnungsmarkt ausgeschlossen. Viele leben seit Jahren in Flüchtlingslagern, unter schlechten und unwürdigen Bedingungen. Dabei bleibt es nicht, Frauen und Kinder sind dort in den Lagern oft sexualisierter Gewalt ausgesetzt.“

Wohnungspolitik ist Ausdruck der Menschenfeindlichkeit des kapitalistischen Systems

Der Frauenrat kritisierte die permanenten Mietsteigerungen und die Zerstörung von ganzen Nachbarschaften durch die kapitalistische Gentrifizierungspolitik: „Insbesondere Frauen, Studierende und ältere Menschen werden aus ihren Nachbarschaften vertrieben und so immer mehr vereinzelt. Sie sind natürlich nicht die einzigen, die von dieser Politik betroffen sind, denn das kapitalistische System ist nun einmal menschenfeindlich und führt dazu, dass Reiche immer reicher und Menschen, die wenig Geld haben noch ärmer werden.“

„Es gibt eine Alternative und die heißt: Demokratischer Konföderalismus“

Der Frauenrat gratulierte zur großen Teilnahme an der Demonstration und betonte, dass das kapitalistische System nicht alternativlos ist: „Die Alternative ist der Demokratische Konföderalismus wie er bereits jetzt schon in Rojava umgesetzt wird. Wir müssen innerhalb dieser Stadt unser eigenes Leben aufbauen, wir müssen selbst eine Alternative schaffen und dürfen nichts von der Stadt oder dem Staat erwarten. Stattdessen brauchen wir selbstverwaltete Kommunen, die ihr Leben organisieren und verteidigen. Wir müssen unsere Kommunen aufbauen und gemeinsam Druck ausüben und die Straßen füllen. Der Demokratische Konföderalismus ist ein Modell, das ein Licht am Horizont im Chaos im Mittleren Osten darstellt und eine Hoffnung für eine menschliche Alternative weltweit geworden ist. Das Modell wurde vom kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan entwickelt. Es geht dabei darum, dass alle Menschen in ihrer Vielfalt ihr Leben organisiert und radikaldemokratisch zusammen selbst verwalten.“

Der Vordenker der Alternative sitzt seit 1999 in Isolationshaft

Der Frauenrat ging auch auf die Situation Öcalans in seinem Redebeitrag ein: „Abdullah Öcalan befindet sich seit 1999 im Gefängnis Imrali. Ihm werden auch nach türkischen Gesetzen ihm zustehende Rechte verweigert und er befindet sich in Totalisolation auf der Insel Imrali. Gegen die Isolation und das faschistische Regime der AKP begann die HDP-Abgeordnete Leyla Güven am 7 November 2018 einen unbefristeten Hungerstreik. Gegen die Totalisolation und gegen alle Menschenrechtverletzungen in der Türkei. Die Türkei wird mit ihrer rassistischen Politik immer mehr zu einem faschistischen System und wird dabei vom deutschen Staat unterstützt. Es haben sich in der Türkei und weltweit Tausende gefangene und solidarische Menschen dem Hungerstreik von Leyla Güven angeschlossen.“

„Solidarisiert euch mit dem Hungerstreik“

Die Aktivistinnen riefen zur Unterstützung des Hungerstreiks auf: „Wir rufen alle Bürgerinnen und Bürger auf, sich mit den Hungerstreikenden zu solidarisieren und nicht zu ignorieren, dass Menschen hier in Deutschland auch wegen der Politik der Bundesregierung ihr Leben in Gefahr bringen. Wir müssen auf die Bundesregierung Druck ausüben. Hier in Deutschland haben sich bereits zwei Personen aufgrund der Repression und des Schweigens des deutschen Staates und der Gesellschaft das Leben genommen.“

Repression gegen solidarische Aktivist*innen nach der Demonstration

Die Aktivist*innen vom „Widerstandskomitee Berlin“ trugen ein grün-gelb-rotes Transparent mit einer Kämpferin der YPJ mit einem roten Stern und kurdischen Farben mit der Aufschrift „Berxwedan Jiyan e – Widerstand heißt Leben.“ Es wurden auch grün-gelb-rote Fahnen gezeigt. Das scheint der Berliner Polizei zu viel Solidarität gewesen zu sein. So beschlagnahmte die Polizei nach der Demonstration in einer Seitenstraße das Transparent und nahm die Personalien von mehreren Aktivist*innen auf. Die Polizisten erklärten, sie wollten überprüfen, „ob es sich um ein illegales Transparent“ handele. Viele andere Demonstrationsteilnehmer*innen solidarisierten sich mit den Aktivist*innen.