Berlin: Gedenken an Erdbebenopfer

Zum ersten Jahrestag des verheerenden Erdbebens mit Epizentrum im nordkurdischen Gurgum fand in Berlin eine Gedenkkundgebung statt.

Am 6. Februar 2023 um 4.17 Uhr begann in Bazarcix in der nordkurdischen Provinz Gurgum (Maraş) ein Erdbeben, das nach offiziellen Angaben allein in der Türkei und Nordkurdistan 60.000 Menschen das Leben gekostet hat. Die Dunkelziffer liegt zivilgesellschaftlichen Organisationen zufolge weit höher. Vielerorts fanden Gedenk- und Protestveranstaltungen statt, denn für die hohe Opferzahl ist der türkische Staat aufgrund mangelnder Baukontrolle, Korruption und ausbleibender Hilfe verantwortlich. Insbesondere die kurdisch-alevitische Region war von den Erdbeben betroffen. Kurdische Alevit:innen sind historisch einer doppelten Diskriminierung und Verfolgung ausgesetzt, als Kurd:innen und als Nicht-Muslime. Daher wurden Alevit:innen systematisch Massakern ausgesetzt. Die ausbleibende Hilfe, die nach dem Erdbeben zum Tod unzähliger kurdischer Alevit:innen führte, wird vor diesem Hintergrund als eine Fortsetzung der Vernichtungspolitik durch den türkischen Staat betrachtet.

In Berlin fand eine Kundgebung des alevitischen Dachverbands FEDA, der Föderation demokratischer Maraş-Vereine (MARDEF) und des Demokratischen Alevitischen Frauenverbands (YJAD) am Brandenburger Tor statt, auf der der Opfer des Bebens gedacht wurde.


Die Kundgebung wurde von Pir Ali Kolçak mit einem Gûlbang – einem alevitischen Klagegesang – eröffnet. Kolçak erklärte in seinem Beitrag, dass nicht das Erdbeben, sondern die Profitgier von Geschäftsleuten, Bauunternehmern und Bürgermeistern den Menschen das Leben gekostet habe.

In Redebeiträgen wurde vor allem das AKP/MHP-Regime in den Fokus der Kritik gestellt: „Das AKP-Regime, das sich auf allen Ebenen bereichert, ist direkt für dieses Erdbeben verantwortlich. Vom ersten Moment des Erdbebens an bis zum heutigen Tag wurde die Hilfe blockiert. Ständig wurden neue Hindernisse aufgebaut, um die Hilfe zu erschweren. Die ethnischen Identitäten und der Glaube der in der Region lebenden Völker waren stets mit Massakern durch die Staatsmacht konfrontiert. Diese Massakerpolitik dauert noch immer an.“

Pir Cemal vom Sinemillioglu-Familienstamm ergriff ebenfalls das Wort und erklärte, dass die Probleme in den Erdbebengebieten weiter bestünden und viele der Vermissten noch immer nicht gefunden worden seien. Dabei seien die Verantwortlichen für die Probleme bekannt.