Der MHP-Chef Devlet Bahçeli hetzt mal wieder gegen die Demokratische Partei der Völker (HDP). Am Montag forderte der Vorsitzende des rechtsextremen Koalitionspartners der AKP den Generalstaatsanwalt beim türkischen Kassationshof in Ankara auf, ein Verbotsverfahren gegen die HDP einzuleiten. Jetzt, da die Anklageschrift im sogenannten „Kobanê-Verfahren“ von einem Gericht angenommen wurde, sei der Zeitpunkt günstig. Sollte die höchste Anklagebehörde der Republik nicht aktiv werden, würde die MHP selbst „die nötigen Schritte“ einleiten, ließ Bahçeli verlauten.
Der Ultranationalist Devlet Bahçeli fordert häufig ein Verbot seiner Lieblingszielscheibe, der HDP. Im Dezember bezeichnete er die linksdemokratische und vor allem unter Kurdinnen und Kurden verankerten Partei als „Separatisten-Nest“, das es auf die „demokratische Sicherheit“ der Türkei abgesehen hätte. Jetzt legte der 73-Jährige noch mal einen drauf und setzte den früheren HDP-Vorsitzenden Selahattin Demirtaş gleich mit dem Prediger Fethullah Gülen, dessen als FETÖ („Fethullahistische Terrororganisation”) in der Türkei verfolgte Bewegung für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich gemacht wird. Die HDP sei der legale politische Arm der PKK, die wiederum einen „Pakt“ mit FETÖ geschlossen habe. Beweisen ließe sich dies mit der Tatsache, dass im April 2009 im Zuge der sogenannten „KCK-Operationen“ verhaftete Politikerinnen und Politiker fünf Jahre später auf Anweisung von FETÖ-Richtern wieder freigelassen worden seien.
29 Parteiverbote seit Republikgründung
Seit der Gründung der Republik Türkei wurden insgesamt 29 Parteien verboten. Die Terakkiperver Cumhuriyet Fırkası (dt. Fortschrittliche Republikanische Partei) wurde am 5. Juni 1925 aufgelöst und war somit die erste verbotene Partei. Das letzte Parteiverbot gab es am 11. Dezember 2009, damals wurde die pro-kurdische Demokratik Toplum Partisi verboten (Partei der demokratischen Gesellschaft).
Von Amts wegen und auf Antrag
Laut Gesetz muss ein Parteiverbot in der Türkei an ein rechtsförmiges Verfahren geknüpft werden, das Ähnlichkeit mit einem Strafprozess aufweist. Daher ist es ausschließlich der Generalstaatsanwalt beim Kassationshof, welcher mit einer Anklageschrift ein Parteiverbotsverfahren in Gang setzen kann. Allerdings bleibt die Politik hier nicht vollständig außen vor. Denn der Generalstaatsanwalt kann nicht nur von Amts wegen, sondern auch auf Antrag des Justizministeriums (dieses wiederum auf der Grundlage eines Ministerratsbeschlusses) oder einer politischen Partei ein Parteiverbotsverfahren einleiten (Art. 68 Abs. 4 der Verfassung; Art. 100 ParteiG).