Erdoğan Zamur: Die Gefangenen sind entschlossen

Erdoğan Zamur wurde vergangene Woche nach einem Jahr aus der Haft entlassen und hat sich elf Tage am Hungerstreik beteiligt. Er berichtet von Schikanen der Gefängnisleitung und dem starken Willen der Hungerstreikenden.

Erdoğan Zamur saß aufgrund seiner Tätigkeit für die Druckerei Gün ein Jahr lang in Silivri in Haft. Am 11. März wurde er schließlich entlassen. Seit dem 1. März sind ungefähr 158 politische Gefangene in Silivri im Hungerstreik gegen die Isolation des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan. Auch Zamur hat sich bis zu seiner Entlassung daran beteiligt. Er berichtet von der großen Entschlossenheit der Hungerstreikenden.

„In Zellen, die auf 14 Menschen ausgelegt sind, werden bis zu 40 Gefangene festgehalten“, so Zamur. Die hygienischen Bedingungen für die hungerstreikenden Gefangenen seien äußerst schlecht. Hinzu komme, dass die Gefängnisleitung jedem Hungerstreikenden täglich lediglich zwei Zitronen, zwei Liter Wasser und äußerst geringe Mengen an Salz und Zucker zur Verfügung stelle. „Die Gefangenen sollen geradezu in den Tod getrieben werden“, erklärt er.

Zamur berichtet von Drohungen des stellvertretenden Gefängnisleiters: „Er hat den Hungerstreikenden mitgeteilt, dass die Gefängnisleitung einschreiten würde, sobald sich der Gesundheitszustand der Hungerstreikenden verschlechtert. Das ist eine verdeckte Drohung. Unsere Freunde haben ihm klar gemacht, dass sie auch im Falle des Bewusstseinsverlusts keine ärztliche Intervention wollen und die Türkei internationale Vereinbarungen unterzeichnet hat, wonach sie den Willen der Gefangenen bei diesem Punkt akzeptieren müssen.“

Die Hungerstreikenden haben einen starken Willen

Zamur saß mit den beiden Hungerstreikenden Yusuf Bayram und Hamza Doğrul in einer gemeinsamen Zelle. Zu den beiden sagt er Folgendes:  „Die beiden haben einen starken Willen. Bei meiner Haftentlassung hat Hamza mich gebeten, der Öffentlichkeit mitzuteilen, dass er seinen Hungerstreik um jeden Preis bis zum Ende fortsetzen werde.“ 

Weiterhin macht Zamur auf die Bedeutung der Forderung der Hungerstreikenden aufmerksam. „Stellt euch einen Staat vor, der seine eigenen Gesetze missachtet. Genau das tut der türkische Staat auf Imrali. Auf der Gefängnisinsel Imrali herrscht ein ganz eigenes Haftsystem vor. Leyla Güven und die übrigen Hungerstreikenden fordern im Prinzip nichts anderes, als dass der Staat seine eigenen Gesetze achtet“, so Zamur.

Zu der Rolle Öcalans sagt er, dass während der Friedensgespräche bis 2015 die gesamte Gesellschaft der Türkei frei aufatmen konnte. In dieser Phase sei die Hoffnung auf eine demokratische Lösung der kurdischen Frage erblüht. Er ergänzt: „Das alles endete mit einem U-Turn der türkischen Regierung. Die Machthaber in Ankara wissen genau, dass mit einem Ende der Isolationsbedingungen auf Imrali ein Normalisierungsprozess in der Türkei einsetzen würde. Doch weil sie einen solchen Prozess als nicht in ihrem Sinne erachten, stemmen sie sich gegen die Forderungen der Hungerstreikenden. Die AKP nährt ihre Macht nämlich durch den Chaoszustand und die Polarisierung im Land.“

Kein Schritt zurück bis die Isolation durchbrochen ist

Allerdings ist Zamur davon überzeugt, dass keiner der Hungerstreikenden einen Schritt zurückweichen wird, bis die Isolation auf Imrali durchbrochen ist. Letztlich sei ein solches Ergebnis nicht nur im Sinne der kurdischen Bevölkerung, sondern der gesamten Gesellschaft in der Türkei.