Augen auf bei der Berufswahl!

Ein Kurde will in den bayrischen Polizeidienst und scheitert wegen Facebook-Postings. Jetzt hat er Widerspruch eingelegt und kämpft um seinen Kindheitstraum, ein Polizist zu werden. Man möchte ihm raten, diesen nochmal zu überdenken.

Über den Fall des Kurden Agid Aklan, der bayrischer Polizist werden will, wurde bereits in mehreren Medien berichtet. Dabei wirft die „Causa Aklan“ gleich mehrere Fragen auf. Worum geht es?

Agid Aklans Familie kurdischer Herkunft musste 1989 Jahre aus der Türkei fliehen. Über Kirchenasyl verschlug es die Eltern ins fränkische Hersbruck, wo 1994 Agid geboren wurde. Dessen Berufswunsch war es – nach eigenen Worten – schon als kleines Kind, Polizist zu werden. Im letzten Jahr meldete er sich als ehrenamtlicher Mitarbeiter bei der Hersbrucker Sicherheitswacht – sozusagen als Vorbereitung auf die spätere Arbeit im Polizeidienst.

Dann bewarb sich Aklan bei der Bayerischen Polizei, bestand die Aufnahmeprüfung und unterschrieb die Einstellungsunterlagen. Für ihn völlig überraschend widerrief die Polizeibehörde jedoch im letzten Dezember die Einstellungszusage. Die Begründung: Zweifel an der Verfassungstreue, da sein Facebook-Profil auf einen „extremistischen Hintergrund“ hindeute. Er habe das Foto eines YPG-Kämpfers während der Befreiung Kobanês geteilt sowie ein Bild mit kurdischen Musikinstrumenten und einem Gewehr. Außerdem folge er Jeremy Clarkson, einem früheren Moderator des BBC-Automagazins Top Gear, dem vorgeworfen wird, Kämpfer für die YPG rekrutiert zu haben. Auch sei er auf Facebook mit Kerem Schamberger befreundet, einem Doktoranden der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität, der regelmäßig Beiträge zu Kurdistan postet und die bayrische Justiz wegen des Teilens von YPG-Symbolen schon oft geärgert hat.

Nach der geplatzten Einstellung als Anwärter für den Polizeidienst schrieb Aklan an das Innenministerium und den bayrischen Polizeipräsidenten und bot ein Gespräch ein. Es kam keine Antwort. Daraufhin legte mit seinem Anwalt Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid ein und kämpft jetzt darum, doch noch Polizist werden zu dürfen. Laut Anwältin prüft der Verfassungsschutz derzeit die „Causa Aklan“ und wird ihn eventuell zu einem „Sicherheitsgespräch“ einladen.

Dieser ziemlich absurde Fall aus dem fränkischen Hinterland verdeutlicht zum einem die bayrische Obsession, wenn es um Sympathie gegenüber den kurdischen YPG und YPJ geht, die in Deutschland „eigentlich“ nicht verboten sind. Als Teil der internationalen Anti-IS-Koalition wurden die Kampfverbände 2014 sogar von Mitgliedern der Bundesregierung ausdrücklich gelobt. Allerdings scheint dies mittlerweile in Vergessenheit geraten zu sein. Seit 2017 ist mit dem sogenannten „Symbolverbot“ unter anderem auch das Zeigen der YPG-Fahne dann verboten, wenn ein Kontext zur PKK hergestellt werden kann. Die Arbeiterpartei Kurdistans ist in Deutschland seit 1993 mit einem Betätigungsverbot belegt – ein Zugeständnis an den Partnerstaat Türkei, der die PKK seit ihrer Gründung bekämpft. Wie genau dieser „Kontext“ jeweils konstruiert wird, ist oft Auslegungssache – der Freistaat Bayern erlangte mit den zahllosen Anzeigen wegen des Zeigens von YPG-Symbolen traurige Berühmtheit.

An dem Fall zeigt sich auch, wie eine jahrzehntelange Diffamierung und Verbotspolitik wirkt und zu einer strukturell rassistischen Haltung gegenüber Kurd*innen führt. Angefeuert durch Medien, die allzu oft türkischer Propaganda auf den Leim gehen, und nicht zuletzt durch Verfassungsschützer, die in ihren jährlichen Berichten bei der Recherche über die PKK in den 90er Jahren stehengeblieben sind, gerät mittlerweile jeder Kurde zunächst in den Anfangsverdacht, ein „Terrorist“ zu sein. In dem BR-Film über Agid Aklan kommt auch der Orientalist Prof. Dr. Christoph K. Neumann von der Ludwig-Maximilians-Universität zu Wort. Er meint, es gehe vorrangig um die Assoziation „Kurde = PKK = linksextrem“. Diese Verknüpfung scheint sich ins kollektive Gedächtnis nicht nur von Staatsschützern eingegraben zu haben.

Deutlich wird bei dieser Geschichte auch, mit welchen Absurditäten die Bayrische Polizei „Verbindungen ins linksextreme Milieu“ konstruiert. Die Behauptung, ein britischer Moderator einer Automobil-Sendung habe YPG-Kämpfer rekrutiert, ist schon absurd genug. Dass dann aus dem Folgen der Facebook-Seite von Jeremy Clarkson mit fast einer Million Abonnenten auf eine Sympathie für die YPG geschlossen wird, ist bizarr. Ebenso wie der Versuch, eine Facebook-Freundschaft mit dem Wissenschaftler Kerem Schamberger, der Agid Aklan überhaupt nicht kennt, als Indiz für Kontakte ins „linksextremistische Mileu“ anzuführen.

Bleibt die Frage, weshalb Aklan – immer noch – darauf brennt, Polizist zu werden. Hat er die vielen „Einzelfälle“ von rechtsterroristischen Netzwerken in den Reihen der Sicherheitsorgane nicht mitbekommen? Will er wirklich als Polizeibeamter das Verbot der kurdischen Symbole mit durchsetzen? Man möchte ihm raten, seinen Kindheitstraum nochmal zu überdenken.