Arbeiter verbrennt sich aus Protest gegen ausbleibenden Lohn

Der Schweißermeister Ramazan Karabacak hat sich aus Protest gegen seit drei Monaten ausbleibende Lohnzahlungen durch die Stadtverwaltung von Ataşehir in der Türkei selbst angezündet.

Der Schweißermeister des Subunternehmens Canlar der Stadtverwaltung von Istanbul-Ataşehir, Ramazan Karabacak, hat sich aus Protest gegen das dreimonatige Ausbleiben seiner Lohnzahlungen selbst verbrannt. Er befindet sich auf der Intensivstation.

Wir haben mit seinem Lehrling Mustafa Güloğlu gesprochen, der an dem Tag bei Karabacak war und erste Hilfe leistete. Güloğlu erzählt, er habe die Trauer über dieses Ereignis immer noch nicht überwinden können. Er sei schon mehrere Jahre Lehrling bei Karabacak. Die Stadtverwaltung habe bei Karabacak mittlerweile Außenstände in Höhe von 20.000 TL (3190 Euro). Daher hatte Karabacak massive materielle Probleme. Bevor sich Karabacak verbrannte, war er gemeinsam mit seinem Lehrling zur Stadtverwaltung gegangen. Dort habe sich kein Ansprechpartner gefunden. Plötzlich habe sich dann die Situation entladen.

Von der Stadtverwaltung abgewiesen

An diesem Tag ging Güloğlu unwissend, dass sich Karabacak verbrennen würde, mit ihm zur Stadtverwaltung. „Ramazan arbeitete auf der Montage am Markt in Örnektepe“, erklärt Güloğlu. „Er rief mich für letzte Farbkorrekturen. Er beklagte sich immer wieder, dass er seit Monaten weder Miete noch Gas und Strom bezahlen könne. Sein Vermieter werde ihn aus der Wohnung werfen, er müsse auf jeden Fall seinen Lohn bekommen. Wir waren gemeinsam zweimal bei der Stadtverwaltung. Beim ersten Mal trafen wir den stellvertretenden Bürgermeister, er schickte uns wieder weg. Als wir am folgenden Tag wieder dort waren, hat Ramazan gesagt, ich solle warten, und ist ins Zimmer gegangen, um den stellvertretenden Bürgermeister zu sprechen.“

Als Provokateur beschuldigt

„Er ging rein und kam wieder raus. Seinem Gesichtsausdruck nach war es sehr übel gelaufen. Klar, dass es in ihm rumorte. Wir verließen, ohne zu sprechen, die Stadtverwaltung und gingen zum Auto. Als ich ins Auto stieg, holte er eine Flasche aus seiner Tasche und sagte mir, ich solle warten. Ich habe nicht verstanden, was los war, und bin ihm hinterher gegangen. Er zündete sich im Eingang der Stadtverwaltung an. Als ich das sah, rannte ich zu ihm und warf ihm meine Jacke über den Kopf, um das Feuer zu löschen. Dann kamen weitere Leute hinzu.“

Als sich Ramazan Karabacak angezündet hatte, kam der Bezirksbürgermeister Ilhami Yılmaz sofort heraus. Er hatte sich die beiden Tage zuvor verleugnen lassen. Der CHP-Bürgermeister beschuldigte Karabacak und Güloğlu, Provokateure zu sein. Die Selbstverbrennung sei ein Komplott der AKP. Güloğlu antwortete, dass ihn diese Worte sehr verletzt hätten. Als er widersprach, sei er aus der Stadtverwaltung geworfen worden. Er sagt: „Ich verstehe es nicht, was soll das mit Parteipolitik zu tun haben? Der Mann ist für seinen Lohn gekommen, hat ihn nicht bekommen und sich verbrannt.“ Es sei Karabacak darum gegangen, dass die Kinder nicht auf der Straße sitzen und Essen auf den Tisch bekommen.

Er konnte seit drei Monaten seine Miete nicht bezahlen, er war am Ende“

Die Schwester von Karabacak, Zeliha Kaya, berichtet: „Wenn er zur Firma ging, wurde er an die Stadtverwaltung verwiesen, ging er zur Stadtverwaltung, dann wurde er an die Firma verwiesen. Die Stadtverwaltung und die Firma haben ihn hin und her geschickt.“ Karabacak lebt in Gebze zur Miete und hat zwei Kinder. Seine Schwester fährt fort: „Er war am Ende, weil er sein Geld nicht erhalten hatte, er hatte diese Verzögerungstaktik einfach satt. Am Ende kündigte er an, er werde sich umbringen, dann hat er sich selbst angezündet.“