Appell an CPT: Imrali-Bericht veröffentlichen

Im Mai 2019 hat das europäische Antifolterkomitee eine Untersuchung im Inselgefängnis Imrali durchgeführt. Der dazugehörige Bericht liegt noch immer nicht vor. Die Anwälte Abdullah Öcalans fordern die unverzügliche Veröffentlichung der Inspektion.

Vor einer Woche veröffentlichte das Istanbuler Rechtsbüro Asrin, das den PKK-Gründer Abdullah Öcalan seit seiner völkerrechtswidrigen Verschleppung aus Kenia in die Türkei vor 21 Jahren vertritt, einen Bericht über die Menschenrechtsverstöße und verschärfte Isolation im Inselgefängnis Imrali im Marmarameer. Das zwölfzeitige Dokument führt das Sonderrecht auf Imrali vor Augen und spiegelt die jenseits jeglicher nationalen und internationalen Rechtsnormen praktizierten Maßnahmen wider, die dort zur Norm gehören. Denn: Imrali ist nicht ausschließlich ein Ort, an dem sich ein Gefängnis befindet. Die Insel steht für ein System, mit dem ein völlig neues Bestrafungsregime umgesetzt wird. Imrali ist eine Rechtsinstitution, die als Prototyp für die tatsächlichen Macht- und Kontrollmethoden in der Türkei dient.

Auf Imrali wurde Abdullah Öcalan fast acht Jahre lang jeglicher Rechtsbeistand verwehrt. Der erste Besuch nach Jahren der Totalisolation fand erst am 2. Mai 2019 statt. Seit dem letzten Anwaltsbesuch am 7. August blieben die folgenden 108 Besuchsanträge des Rechtsbüros Asrin wieder unbeantwortet. Auch Angehörige des kurdischen Vordenkers sowie Familienmitglieder der Imrali-Gefangenen Ömer Hayri Konar, Hamili Yıldırım und Veysi Aktaş dürfen die Insel im Marmarameer seit August nicht mehr betreten.

Das CPT als Institution des Europarats hat das uneingeschränkte Recht zur Untersuchung von Gefängnissen, Polizeiwachen, Flüchtlingslagern und psychologischen Kliniken in den Mitgliedsländern. Wenn das Antifolterkomitee es für erforderlich hält, darf es eine Delegation in eine Einrichtung seiner Wahl schicken und Untersuchungen durchführen. Es ist die einzige Institution, welche die Macht hat, Abdullah Öcalan zu besuchen.

Im Mai 2019 hat das Antifolterkomitee eine Untersuchung im Inselgefängnis Imrali durchgeführt. Die Inspektion erfolgte kurz vor Beendigung des von Leyla Güven angeführten Massenhungerstreiks für die Aufhebung der Isolation auf der Insel, an dem sich mehr als 7.000 Aktivist*innen und politische Gefangene beteiligten. Der dazugehörige Bericht liegt noch immer nicht vor. Offenbar sträubt sich die türkische Regierung gegen die Offenlegung der Ergebnisse, denn Berichte dürfen ohne Zustimmung der jeweiligen Regierungen nicht veröffentlicht werden. Die Öcalan-Anwälte haben das CPT nun ein weiteres Mal aufgefordert, den Bericht dennoch zu veröffentlichen. „Auch sollte das Antifolterkomitee die Schwierigkeiten, die die türkische Regierung bezüglich einer Veröffentlichung der Untersuchungsergebnisse verursacht, in die Öffentlichkeit tragen“, heißt es in einer Stellungnahme. In der Erklärung weist das Rechtsbüro Asrin zudem darauf hin, dass auf Imrali kein einziger Schritt zur Umsetzung der Empfehlungen des europäischen Anti-Folter-Ausschusses implementiert wird. Im Gegenteil: die Situation verschärfe sich immer mehr; Folter, unmenschliche und erniedrigende Behandlung, willkürliche Maßnahmen wie ominöse Disziplinarstrafen, die dreimonatlich verhängt werden, um die Imrali-Gefangenen von der Außenwelt abzukapseln, gehörten zur Tagesordnung.

Im Hinblick darauf, dass Imrali ein rechtsfreier Raum ist, fordert die Anwaltskanzlei Asrin das Antifolterkomitee auf, die Ergebnisse der Inspektion unverzüglich der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.