Das türkische Parlament hat das Mandat für Auslandseinsätze in Syrien und Irak um zwei Jahre verlängert. Mit den Stimmen von AKP, MHP und IYI-Partei ist Staatspräsident Tayyip Erdogan ermächtigt worden, bis 2023 über „Grenze, Ausmaß, Menge und den Zeitpunkt“ der Entsendung von türkischen Truppen für Militäroperationen in die beiden Nachbarländer zu entscheiden.
Erdogan hatte den von ihm selbst eingebrachten Antrag mit der von Syrien ausgehenden Gefahr für die nationale Sicherheit begründet. Der AKP-Politiker Ismet Yılmaz argumentierte in der Parlamentsdebatte mit der „Terrorgefahr durch PKK und IS“ und betonte, dass die Türkei Teil der globalen Koalition im Kampf gegen den IS sei.
Die CHP-Abgeordneten haben gegen den Antrag gestimmt. Dafür hatte sich CHP-Chef Kemal Kılıçdaroğlu vor der Parlamentsdebatte bei der Fraktionssitzung seiner Partei ausgesprochen. Er wolle Frieden und keinen Krieg in Syrien, kein türkischer Soldat oder Polizist solle mehr im Nachbarland zum Märtyrer werden. Außerdem bemängelte er den Machtanspruch des türkischen Präsidenten.
„Absicherung der Kriegspolitik bis 2023“
Auch die 56 Abgeordneten der HDP stimmten gegen das Mandat. Die kurdische Abgeordnete Saliha Aydeniz (DBP) sagte in der Parlamentsdebatte, dass der Antrag zum Schutz des Landes und der Völker vor Krieg, Tod, Massakern an den Kurd:innen, einer Verschärfung der Wirtschaftskrise, der weiteren Verarmung der Bevölkerung und vor Korruption abgelehnt werden müsse.
Die HDP-Vorsitzende Pervin Buldan bezeichnete das Mandat als „Verlängerung von Krieg und Besatzung“. Auf der Fraktionssitzung der HDP wies Buldan darauf hin, dass die Genehmigung für Auslandseinsätze in Syrien und Irak bisher immer nur für ein Jahr verlängert wurde: „Offenbar fürchtet die Regierung, dass es in einem Jahr keine AKP-Fraktion mehr geben könne. Sie sieht selbst, dass ihr Abgang naht, und will bis ihre Kriegspolitik bis 2023 absichern.“
Das Mandat richte sich gegen die Kurd:innen und solle islamistischen Gruppen wie dem IS und der Al-Nusra-Front in Syrien Luft verschaffen, so Pervin Buldan: „Die Regierung will mit diesem Mandat verhindern, dass in Syrien ein Friedensprozess entsteht. Die Konflikte und die daraus resultierenden Fluchtbewegungen sollen weitergehen, um davon profitieren zu können. Das ist der Zweck dieses Mandats.“
Die HDP hatte die Oppositionsparteien im Vorfeld der Abstimmung aufgefordert, dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan kein weiteres Kriegsmandat zu erteilen und den „blutigen Kreislauf der Gewalt“ zu beenden. Auch zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen hatten sich gegen den Antrag ausgesprochen.
Mandat erstmals 2014 erteilt
Die Türkei hat die zweitgrößte Armee im westlichen Verteidigungsbündnis NATO. Das Parlament hatte das Auslandsmandat für Syrien und den Irak erstmals im Oktober 2014 erteilt und seitdem jährlich erneuert. Offiziell erlaubt es Militäreinsätze in den Nachbarstaaten gegen die Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat” (IS) und andere Gruppen, die die türkische Regierung als „terroristisch” einstuft – zum „Schutz der eigenen Grenzen“. In der Regel richten sich diese Einsätze jedoch gegen die Guerillaorganisationen der PKK und die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD).
Einsatzgebiet in Syrien ausgeweitet
Hieß es in den bisher verabschiedeten Mandaten, dass es im Fall von Syrien lediglich um „legitime nationale Sicherheitsinteressen gegen die YPG/PYD-PKK in den mit der Landesgrenze verbundenen Gebieten im Osten des Euphrat” - also um die als „Sicherheitszone” bezeichnete Besatzungszone gehe, gilt das neue Mandat ausdrücklich für alle Gebiete in Syrien.