Angriff auf Kundgebung durch Präsidialvollmacht gerechtfertigt

Vor zwei Tagen hatten Polizisten eine Gedenkkundgebung für das Massaker von Ankara angegriffen und HDP-Mitglieder und Gewerkschafter*innen festgenommen. Die Polizei berief sich bei dem Verbot und Angriff auf „Vollmachten des Präsidialsystems“.

Am 10. Oktober sollte in der nordkurdischen Großstadt Wan am Feqiyê-Teyran-Park eine Pressekonferenz im Gedenken an die Opfer des Massakers von Ankara am 10. Oktober 2015, bei dem 110 Friedensdemonstrant*innen getötet worden waren, stattfinden. Die Polizei prügelte auf die Menschenmenge vor dem Büro der Gewerkschaft KESK ein und nahm Personen aus der Gruppe, in der sich auch Abgeordnete der Demokratischen Partei der Völker (HDP) befanden, fest. Bevor der Angriff begann, hat die Polizei erklärt: „Wir agieren unter der Vollmacht, die uns das Präsidialsystem erteilt hat.“ Unter „Vollmacht des Präsidialsystems“ wurden Gewerkschaftsfunktionär*innen und HDP-Aktivist*innen geschlagen und 16 Personen, unter ihnen der Provinzverbandsvorsitzende der HDP für die Region Wan, Ümit Dede, festgenommen.

Nach Angaben des stellvertretenden Ko-Vorsitzenden der HDP in Wan, Azim Yacan, hat die Polizei wiederholt erklärt: „Das Präsidialsystem gibt dem Gouverneur und uns die Vollmacht dafür.“ Er berichtet: „Die Polizei teilte uns mündlich mit, dass die Gedenkveranstaltung zum 10. Oktober auf der Grundlage der Kompetenzen, die das Präsidialsystem dem Gouverneur von Wan verleihe, verboten worden sei. Wir erklärten, dass diese Pressekonferenz im Rahmen der verfassungsmäßigen Rechte und Freiheiten garantiert sei und nicht in die Kompetenz des Gouverneurs falle. Aber in der gegen uns eingeleiteten Ermittlung wird uns Widerstand gegen die Polizei vorgeworfen.“ Yacan betont, dass das Versammlungsrecht ein universelles Recht sei, das nicht dem Gutdünken eines Gouverneurs überlassen werden dürfe: „Das bedeutet de facto ‚Unser Präsidialsystem ist Autorität, wir heben alle demokratischen Rechte auf‘. In einem solchen Land ist ein ökonomisches Chaos unausweichlich. Wir werden unsere universellen Rechte weiter verteidigen und überall Rechenschaft für das Massaker vom 10. Oktober 2015 fordern.“

Der Ko-Vorsitzende der HDP, Sezai Temelli, erklärte gestern in Amed (Diyarbakır), die Festnahmen erfolgten durch einen Sicherheitsapparat, der auf der Grundlage der in Erdoğans Reden vermittelten Direktive agiere.