Angehörige der Opfer des Pirsûs-Massakers starten Kampagne
Angehörige der Opfer des Anschlags von Pirsûs haben eine Kampagne unter dem Titel „Gerechtigkeit für Suruç – Gerechtigkeit für alle" gestartet.
Angehörige der Opfer des Anschlags von Pirsûs haben eine Kampagne unter dem Titel „Gerechtigkeit für Suruç – Gerechtigkeit für alle" gestartet.
Am 20. Juli jährt sich der Anschlag von Pirsûs (tr. Suruç) zum sechsten Mal. Bei dem Massaker wurden 33 Menschen getötet und über hundert teilweise schwer verletzt. Angehörige der Opfer haben nun in Istanbul den Beginn einer Gerechtigkeitskampagne bekannt gegeben.
„Gerechtigkeit für Pirsûs – Gerechtigkeit für Berkin“
Der Ort für den Auftakt der Kampagne war sorgfältig gewählt. Es handelte sich um den Tatort der Ermordung von Berkin Elvan in Istanbul. Berkin Elvan war das jüngste Opfer der Repression gegen den Gezi-Widerstand in Istanbul im Jahr 2013. Der Junge war am Rande der Proteste im Istanbuler Viertel Okmeydani durch eine von der Polizei abgefeuerte Gaskartusche schwer verletzt worden und lag vor seinem Tod 269 Tage im Koma. Am 11. März 2014 starb er im Alter von 15 Jahren. Der Prozess begann erst gut drei Jahre später im April 2017 und endete vergangenen Juni mit einem Urteil über 16 Jahre und acht Monate Haft. Doch ins Gefängnis muss der Mörder nicht.
2015 – das Jahr der Massaker
Die Angehörigen der Opfer des Pirsûs-Massakers unterstreichen mit der Wahl des Ortes ihre Botschaft: „Gerechtigkeit für Suruç – Gerechtigkeit für alle“. An der Aktion nahm unter anderem auch die Mutter von Berkin Elvan, Gülsüm Elvan, teil. Die Aktivist:innen riefen Parolen wie „Amed, Suruç, Ankara, lasst niemanden Berkin vergessen“. Mit der Parole weisen sie auf die Serie von Anschlägen auf Kundgebungen im Jahr 2015 hin. Am 5. Juni 2015, nur zwei Tage vor der Parlamentswahl, wurde ein Anschlag auf eine Kundgebung der Demokratischen Partei der Völker (HDP) in Amed (Diyarbakır) verübt, bei dem fünf Menschen starben und Hunderte weitere verletzt wurden. Darauf folgte der Anschlag von Pirsûs und am 10. Oktober das Bahnhofsmassaker von Ankara. Bei dem Anschlag auf eine Friedenskundgebung kamen 103 Menschen bei ums Leben, mehr als 500 Menschen wurden verletzt. Hinter allen Anschlägen steckten von der Polizei observierte und bekannte Dschihadisten.
„Opfer werden zu Terroristen erklärt“
Mısra Sapan erklärte im Namen der Jugendorganisationen auf der Kundgebung: „Der Anschlag von Suruç vor sechs Jahren ist eines der blutigsten Massaker. Die Geschichte dieses Landes ist voller Massaker. Anstatt die Mörder von Berkin zu Terroristen zu erklären, hat die Justiz dieses Staates unsere Freundinnen und Freunde, die nach Suruç gegangen sind, genauso zu Terroristen erklärt und für schuldig befunden wie Berkin. Wir werden Gerechtigkeit auf der Straße erkämpfen und siegen.“ Die Aktivistin rief zu breiter Beteilung an den Gedenkveranstaltungen für das Massaker von Pirsûs auf.
Der Anschlag von Pirsûs
Am 20. Juli 2015 wurden 33 Menschen getötet und über hundert teilweise schwer verletzt. Die Aktivist:innen waren in den Grenzort zur Unterstützung der Bevölkerung der vom IS attackierten westkurdischen Stadt Kobanê gekommen. 300 junge Menschen hatten sich vor dem Kulturzentrum Amara versammelten, um vor ihrer Abreise nach Kobanê eine Pressekonferenz abzuhalten. Mit der Fahrt nach Nordsyrien wollten sie ihre Solidarität zeigen und Kinderspielzeug und humanitäre Hilfsgüter in die vom IS zerstörte Stadt bringen. Es liegen deutliche Hinweise darauf vor, dass die IS-Attentäter vom türkischen Geheimdienst Unterstützung erhielten. Eine vollständige Aufklärung des Massakers ist bis heute nicht erfolgt. Daher fordern Aktivist:innen weiterhin „Gerechtigkeit für Pirsûs“.