Gegen den Vorsitzenden der Arbeiterpartei der Türkei (Türkiye İşçi Partisi, TİP), Erkan Baş, ist ein Verfahren zur Aufhebung seiner parlamentarischen Immunität eingeleitet worden. Es ist bereits das zweite Ersuchen zum Amtsenthebungsverfahren, das im Fall des Abgeordneten für die Provinz Istanbul in der türkischen Nationalversammlung eingegangen ist. In einem Ende Mai eingeleiteten Verfahren wird Baş „Beleidigung des Staatsoberhaupts“ vorgeworfen.

Amtsenthebungsverfahren gehören für Politikerinnen und Politiker der Opposition fast schon zur Routine. In den meisten Fällen sind Abgeordnete der Demokratischen Partei der Völker (HDP) betroffen. Zuletzt sind gegen die HDP-Politikerinnen Pervin Buldan und Feleknas Uca Verfahren zur Aufhebung ihrer parlamentarischen Immunität eingeleitet worden. Ihnen wird zum Vorwurf gemacht, eine Roadmap für die Lösung der kurdischen Frage vorgetragen zu haben.

Am 22. Mai hat die Generalstaatsanwaltschaft von Ankara die Aufhebung der Immunität des HDP-Abgeordneten Mahmut Toğrul beantragt. Dem 52-jährigen Politiker wird eine Rede, die er am 13. Juni 2018 im Rahmen des Wahlkampfs in Dîlok (Antep) hielt, vorgeworfen. Toğrul sagte damals: „Mit unserer Entschlossenheit werden wir ihn [Recep Tayyip Erdogan] nicht nochmal zum Präsidenten und Diktator machen.“

Auch die parlamentarische Immunität der HDP-Abgeordneten Leyla Güven soll aufgehoben werden. Der 55-jährigen Politikerin wird im Zusammenhang mit „Propaganda für eine Terrororganisation“ und „Belohnung und Billigung von Straftaten“ vorgeworfen, im Gefängnis kurdische Lieder und Märsche gesungen zu haben. Leyla Güven befand sich von Januar 2018 bis Anfang dieses Jahres aufgrund ihrer Kritik an der türkischen Militärinvasion im nordsyrischen Kanton Efrîn in Untersuchungshaft. Am 1. November 2018 soll sie mit ihren Mitgefangenen im Typ-E-Gefängnis von Amed (Diyarbakir) kurdischsprachige Lieder gesungen haben, die ihr nun zum Vorwurf gemacht werden.