Ausreisesperre im Interesse der deutschen Außenpolitik
Am Dienstag wurde eine Gruppe von fünf jungen Menschen, die an einer Delegationsreise nach Şengal (Sindschar) im Nordirak teilnehmen wollten, von der Bundespolizei am Flughafen München aufgehalten. Das teilte die Kampagne „Defend Kurdistan“ mit. In der Mitteilung heißt es weiter:
„Die Delegation folgte einer Einladung des Demokratischen Rates der Jesid:innen Şengal, um an den Gedenkveranstaltungen zum zehnten Jahrestag des Genozids und Femizids an den Jesid:innen teilzunehmen, der am 3. August 2014 durch den sogenannten IS (Daesh) begann.
Der Genozid an den Jesid:innen forderte bis zu 10.000 Menschenleben, während über 7.000 Frauen und Mädchen Opfer von Vergewaltigung und Sklaverei wurden. Mehr als 400.000 Jesid:innen wurden aus ihrer Heimat vertrieben. Anlässlich dieses tragischen Jahrestages hatten die Initiative Defend Kurdistan und die feministische Organisation Gemeinsam Kämpfen eine Delegation aus Deutschland nach Şengal eingeladen.
Trotz der Bedeutung dieser Reise und der Einladung zur Gedenkveranstaltung wurden die fünf Aktivist:innen kurz vor ihrem Abflug von der Bundespolizei abgefangen und für sieben Stunden im Gewahrsam gehalten. Anschließend verhängte die Polizei eine 30-tägige Ausreisesperre gegen die Aktivist:innen, die mit den außenpolitischen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland begründet wurde.
Ausreiseverweigerungen sind in den letzten Jahren keine Seltenheit
In den letzten sechs Jahren wurde insgesamt 131 Personen die Ausreise verweigert. Im Jahr 2021 wurde 17 Personen die Teilnahme an der internationalen „Delegation für Frieden und Freiheit in Kurdistan“ untersagt, die auf den völkerrechtswidrigen Krieg der Türkei aufmerksam machen wollte. Bei der Delegation wollten über 150 Gewerkschafter:innen, Politiker:innen, Aktivist:innen und Journalist:innen aus 14 verschiedenen Staaten die Situation in der Autonomen Region Kurdistan beobachten und einen Friedensprozess unterstützen.
Die Entscheidung der Bundespolizei, die Teilnahme der fünf Studierenden an den Gedenkveranstaltungen zum Genozid an den Jesid:innen zu verhindern, wirft Fragen zur Doppelmoral der deutschen Außenpolitik auf. Es ist nicht hinnehmbar, dass die Bundesrepublik Deutschland das Gedenken an einen anerkannten Völkermord und die Unterstützung der betroffenen Gemeinschaften behindert. Wir fordern die Bundesregierung auf, die Ausreisesperre umgehend aufzuheben und den Aktivist:innen die Möglichkeit zu geben, ihrer Verantwortung zur Erinnerung und zum Gedenken an die Opfer des Genozids nachzukommen.“