Şengal-Aktionen: Selbstverwaltung anerkennen, Abkommen annullieren

Zum Auftakt der Aktionswoche für Şengal haben in zahlreichen Städten Kundgebungen und Versammlungen für Selbstbestimmung und Selbstverteidigung im ezidischen Siedlungsgebiet in Südkurdistan stattgefunden.

Zum Auftakt der Aktionswoche für Şengal haben diesen Samstag in zahlreichen Städten im Bundesgebiet Kundgebungen und Versammlungen für Selbstbestimmung und Selbstverteidigung in dem ezidischen Siedlungsgebiet in Südkurdistan stattgefunden. Anlass der Proteste ist die Anordnung der irakischen Regierung vom letzten Mittwoch, die autonomen Verteidigungskräfte Şengals aus der Region abzuziehen. Bagdad bezeichnet die Entscheidung als ersten Schritt zur Umsetzung des Abkommens mit der Regierung der südkurdischen Autonomieregierung. Das Anfang Oktober auf Druck der USA und Türkei unter UN-Aufsicht unterzeichnete „Şengal-Abkommen“ sieht vor, Bagdad und Hewlêr mit allen administrativen, politischen und sicherheitsrelevanten Aufgaben zu betrauen. Die ezidische Gemeinschaft, über deren Kopf hinweg die Vereinbarung getroffen wurde, hat kein Mitspracherecht. Vor diesem Hintergrund lehnen es die Ezidinnen und Eziden in Şengal ab, ihre nach dem IS-Genozid von 2014 aufgebauten Strukturen der Selbstverwaltung und Selbstverteidigung aufzugeben.

In Duisburg gab es heute eine Kundgebung vor dem Hauptbahnhof mit anschließender Demonstration, zu der neben ezidischen Organisationen auch der örtliche kurdische Verein mobilisiert hatte. In Redebeiträgen wurde bekräftigt, die ezidische Gemeinschaft in Şengal weiterhin bei ihrem Kampf um Selbstbestimmung zu unterstützen.

Duisburg

In der Hauptstadt Berlin bekundeten ebenfalls Menschen ihre Solidarität mit Şengal. An der Demonstration mit hunderten Teilnehmenden beteiligten sich auch Angehörige der armenischen Diaspora.

In Saarbrücken fand vor der Europa-Galerie eine Kundgebung statt. Eine Aktivistin erklärte, dass das Abkommen nur offiziell die Machtübergabe an lokale Gemeinden befördern soll, in Wahrheit aber das genaue Gegenteil bezwecke. „Akzeptieren wir das Abkommen, liefern wir uns damit selbst dem türkischen Staat und seinen Kollaborateuren aus. Als ezidische Gemeinschaft appellieren wir an alle progressiven, revolutionären und demokratischen Kräfte, uns bei unserem legitimen Widerstand zu unterstützen.“

Saarbrücken

In Köln traf sich die kurdische Community zu einer Versammlung am Wiener Platz im rechtsrheinischen Stadtteil Mülheim. Die irakische Regierung und die südkurdische Leitung wurden aufgefordert, die lokalen Strukturen in Şengal anzuerkennen und das Abkommen zu annullieren.

Köln

In Bielefeld wurde ebenfalls eine Demonstration durchgeführt. Die SMJÊ-Aktivistin Kumri Alkış wies darauf hin, dass die ezidische Bevölkerung seit Monaten versucht, sich Gehör für ihr kollektives Anliegen zu verschaffen, nämlich die Auflösung der in Eigenregie aufgebauten Selbstverwaltungsstrukturen in Şengal zu verhindern. Es sei mehr als bezeichnend, dass auf Lösungsvorschläge nicht mit einem Entgegenkommen, sondern Drohungen reagiert werde, kritisierte Alkış.

Bielefeld

Eine Kundgebung in Gießen für das Selbstbestimmungsrecht der Ezidinnen und Eziden wurde mit Gedenken für die Opfer der Massaker von Qamişlo, Gazi und Helebce verbunden.

Gießen

Bei einem Protest vor dem Hauptbahnhof in Münster bezeichnete ein Redner das Şengal-Abkommen als „weiteren Genozid“ an den Ezid*innen. Die Menschen in Şengal wollten weder von Bagdad noch von Hewlêr kontrolliert werden. Ihr Ziel sei es, ihr Leben frei sowie selbst schützend und selbst verwaltend gestalten zu können. Hierfür strebten sie ein autonomes Êzîdxan – Land der Ezidinnen und Eziden – an, wofür die Grundlage bereits durch Strukturen vor Ort geschaffen wurde.

Münster