Şehriban Alkış: Der Pfeil ist abgeschossen – wir werden siegen!

Die HDP-Kandidatin Şehriban Alkış erklärt gegenüber ANF, dass sie im Kampf gegen den Versuch der Regierung, die HDP unter der Wahlhürde zu belassen, nicht nachlassen werden, und sagt: „Der Pfeil ist abgeschossen, natürlich werden wir siegen.“

Die 23-jährige Şehriban Alkış ist die Kandidatin der Demokratischen Partei der Völker (HDP) für den 1. Wahlkreis in Istanbul. Die Soziologiestudentin im dritten Semester tritt zu den erzwungenen Parlamentswahlen in zwei Tagen an. Sie kommt aus einer kurdischen Familie, die aufgrund der staatlichen Unterdrückung zur Migration, zunächst von Mêrdîn (Mardin) nach Amed (Diyarbakır), dann von Amed nach Adana gezogen ist. Şehriban Alkış lernte die Ausgrenzung und den Rassismus schon in der Grundschule kennen.

Aus unserem Gespräch mit ihr wurde deutlich, wie sie schon in jungen Jahren durch ihre persönliche Situation, sowohl als Kurdin als auch als Frau, politisiert wurde: „Ich bin im türkisch-nationalistisch dominierten Viertel Feyzi Paşa in Adana aufgewachsen. Ob in der Schule, in die ich gegangen bin, oder bei den Freund*innen, mit denen ich auf der Straße gemeinsam gespielt habe, sie haben sich sowohl über meine kurdische Identität als auch über meinen Namen lustig gemacht. Das ging so weit, dass wir in unserem kindlichen Denken versucht haben, unsere Namen und die unserer Cousins zu verheimlichen, um keine Ausgrenzung zu erfahren und akzeptiert zu werden. Eine meiner Cousinen hieß Rojda, eine andere Berivan, ein weiterer Şehmuz, aber wenn wir in den Park gegangen sind, dann haben wir sie unter anderen Namen vorgestellt. So wurde der Name meiner Cousine Mine, ich wechselte meinen Namen immer wieder. Aber als ich größer wurde und ein Bewusstsein dafür entwickelte, habe ich begonnen, mich für mein damaliges Handeln zu schämen.“

Sie berichtet, dass eine rassistische Ansprache ihres Klassenlehrers nach der Ermordung des armenischen Journalisten Hrant Dink für sie einen Wendepunkt darstellte: „Da ist mir klar geworden, dass man gegen diese rassistische Mentalität, die jeden, der eine andere Identität hat als man selbst, als Feind begreift und die Hirne der Jugend vergiftet, auf jeden Fall kämpfen muss.“

Den organisierten Kampf lernte Alkış auf dem Universitätscampus kennen. Sie sagt, dass sie zur Wahl antritt, um die Stimme der Jugend im Parlament zu sein. Sie hebt die Rolle der HDP als Stimme der Jugend und insbesondere auch der verschiedenen Identitäten in der Türkei hervor.

Wir werden unser erträumtes Leben aufbauen

Die anderen Parteien sind sowohl in ihren Politikformen, als auch in ihrer Sprache weit von der Jugend entfernt, so Alkış: „Wenn eine neue Technologie herauskommt, dann sagen sie der Jugend ‚komm her, du verstehst das‘, wenn es aber mit denselben Jugendlichen um Politik geht, dann sagen sie ‚du bist zu jung, was verstehst du schon davon‘. Selbst wenn sie ihnen ab und an das Wort erteilen, so stellen sie sich doch über die Jugend.“

Sie betont, dass die Diskurse wie auch die Praxis der republikanischen Allianz nichts weiter als Männerbündelei seien und dass die Jugend diese Politik des erhobenen Zeigefingers satt habe: „Sie erheben gegen uns den Zeigefinger, sie versuchen uns mit Festnahmen und Inhaftierungen einzuschüchtern, sie wollten uns mit Massakern wie in Ankara und Pirsûs in Schrecken versetzen. Aber so, wie sie uns mit Morden nicht verschwinden lassen konnten, so können sie uns nicht wegsperren, indem sie uns Handschellen anlegen. Sie können machen, was sie wollen, aber wir werden weiter darum kämpfen, das Leben, das wir wollen, aufzubauen, und wir werden unsere Stimme und unsere Gedanken noch lauter hörbar machen. Sie haben unsere Lehrer*innen entlassen, sie haben uns aus den Universitäten geworfen, aber für uns ist jeder Ort eine Universität.“

Auch wenn sie die Urnen im Palast aufstellen, wir werden unsere Stimme nutzen“

Alkış stellt besonders heraus, dass der inhaftierte Kandidat der HDP für das Amt des Staatspräsidenten, Selahattin Demirtaş, die Sprache und den Stil der Politik radikal geändert hat: „Wir vertrauen seinem Wort, an das er sich bis heute immer gehalten hat. Wir haben gemeinsam [zu Erdoğan] gesagt, ‚Wir machen Dich nicht zum Präsidenten‘, und wir haben es gemeinsam nicht zugelassen. Jetzt wollen sie betrügen, sie verlegen die Wahlurnen und teilen Befehle auf geheimen Treffen aus, uns um jeden Preis unter der Wahlhürde zu halten. So sehr sie das auch versuchen, der Pfeil ist abgeschossen. Wir werden weiterkämpfen, und wir werden mit Sicherheit siegen.“