Nach der Meldung über einen Waldbrand auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali sind weltweit Kurdinnen und Kurden auf den Straßen, um ihre Besorgnis über den Gesundheitszustand und die Sicherheitslage Abdullah Öcalans und seiner drei Mitgefangenen zum Ausdruck zu bringen. Das Rechtsbüro Asrin, das Öcalan seit seiner Verhaftung vor 21 Jahren juristisch vertritt, hat Anträge an das Justizministerium und die Generalstaatsanwaltschaft Bursa gestellt, um den Gesundheitszustand der Imrali-Gefangenen festzustellen und die Besorgnis der kurdischen Gesellschaft zu beheben. Bisher zeigten die türkischen Behörden keine Reaktion. Zahlreiche kurdische Organisationen und Parteien in der Türkei, in Rojava und in Europa haben deshalb zu sofortigen Aktionen aufgerufen.
In Nordrhein-Westfalen hatte die kurdische Föderation FED-MED zu Straßenaktionen aufgerufen und sofortigen Kontakt zu Abdullah Öcalan gefordert. In Oberhausen strömten am Nachmittag zahlreiche Menschen zu einer Kundgebung vor den Hauptbahnhof. Eine kurdische Aktivistin sprach in einer Rede die erschwerte Isolationshaft auf Imrali an. Neben Öcalan sind Ömer Hayri Konar, Veysi Aktaş und Hamili Yıldırım auf dem Inselgefängnis inhaftiert. Nach jahrelanger Kontaktsperre durften sie erstmals am 5. Juni 2019 ihre Angehörigen bei einem Familienbesuch sehen. Die Durchbrechung der Isolationsbedingungen auf Imrali war das Ergebnis von den über Monate andauernden Hungerstreiks, an denen sich tausende Aktivist*innen beteiligten. Seit August ist das Tor des Inselgefängnisses jedoch wieder fest verschlossen, es dringt kein Lebenszeichen nach draußen. Die Aktivistin wies in dem Zusammenhang auf die Verantwortung des Europarates und dessen Antifolterkomitee CPT. Nach der Kundgebung fand eine Demonstration durch die Oberhausener Innenstadt statt, an der sich unter andererem auch die Zweigstelle der Linkspartei und antifaschistische Gruppen beteiligten.
In Dortmund verteilten Aktvistinnen und Aktiviten Flugblätter und informierten Passanten in Gesprächen über die Situation auf Imrali und die Forderungen der kurdischen Community. In der Rheinmetropole Düsseldorf fand eine Mahnwache statt.
In Essen veranstalten Mitglieder des örtlichen kurdischen Vereins eine Kundgebung in der Innenstadt. Ein Aktivist klärte über die Hintergründe der Aktion auf: „Wir fordern sofortigen Zugang zu Abdullah Öcalan und seinen Mitgefangenen!”
In Bielefeld fand eine Spontankundgebung am Hauptbahnhof statt. Die Aktion stand unter dem Motto „Lass kein Leben ohne die Freiheit von Abdullah Öcalan zu!“, die Anwesenden trugen Flaggen mit dem Abbild Öcalans und riefen Slogans wie „Öcalan ist das Volk - das Volk ist hier“. Im Rahmen der Kundgebung wurde eine Erklärung zur aktuellen Lage auf Imrali und zu den Haftbedingungen sowie den Hintergründen der Gefangenschaft Abdullah Öcalans verlesen. Am Donnerstag hatte der türkische Innenminister in einer Livesendung im Fernsehen öffentlich gemacht, dass auf der Insel Imrali ein Feuer ausgebrochen ist. Weitere Informationen - vor allem über den Gesundheitszustand der Gefangenen -veröffentlichte die türkische Regierung nicht. Diese bewusst rücksichtslose und provokative Annäherung des türkischen Kolonialstaates sorgte für unzählige Demonstrationen weltweit.
Auch in anderen Städten Deutschlands entlud sich die Besorgnis um Öcalan auf der Straße. In Stuttgart erklärten Teilnehmende einer Kundgebung, dass die Informationen der türkischen Regierung über den Brand mit vorsicht zu genießen seien und kündigten an, solange auf der Straße zu bleiben, bis die Anwälte der Imrali-Gefangenen ihre Mandanten besuchen können. In Hildesheim rief die Kommune Şehîd Meryem zu einer Protestveranstaltung vor dem Bahnhof auf. Das CPT wurde aufgefordert, unverzüglich eine Inspektion auf der Gefängnisinsel Imrali vorzunehmen. Das CPT ist die einzige Institution, die alle Haftanstalten in den Mitgliedsländern des Europarats inspizieren kann. Das Komitee ist daher in erster Linie dafür verantwortlich, Probleme wie die Isolationshaft zu lösen.