Im Juni stehen wieder Verhandlungstermine in PKK-Prozessen gegen kurdische Aktivisten in München, Stuttgart und Frankfurt an. Darauf macht der Rechtshilfefonds AZADÎ e.V. aufmerksam. Der Kölner Verein unterstützt Kurdinnen und Kurden sowie mit der kurdischen Gesellschaft solidarische Menschen, die wegen ihrer politischen Aktivitäten aufgrund des sogenannten PKK-Betätigungsverbot strafrechtlich verfolgt werden.
Die strafrechtliche Verfolgung kurdischer Aktivistinnen und Aktivisten in Deutschland hat eine lange Geschichte. Erste große PKK-Prozesse gab es bereits Ende der 1980er Jahre, entweder nach § 129a StGB (Mitgliedschaft in einer „terroristischen“ Vereinigung), oder ab Mitte der 1990er Jahre nach § 129 StGB (Mitgliedschaft in einer „kriminellen“ Vereinigung). Der Bundesgerichtshof entschied im Oktober 2010, nach türkischen linken und tamilischen Organisationen, auch die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) als eine „terroristische Vereinigung im Ausland“ gemäß § 129a/b einzustufen. Seit Beginn dieser Verfolgungswelle sind hunderte politisch aktive Kurdinnen und Kurden von deutschen Justizbehörden angeklagt und von Staatsschutzsenaten der Oberlandesgerichte verurteilt worden.
In den meisten 129b-Verfahren geht es aber nicht um individuelle Straftaten von Angeklagten, sondern um deren politische Gesinnung. Das unterstreicht auch der Rechtshilfefonds AZADÎ e.V. immer wieder. Grundlage ist das umstrittene Betätigungsverbot der PKK von 1993 und die laut § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB erforderliche Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) zur strafrechtlichen Verfolgung von Funktionsträger:innen. Eine generelle Ermächtigung hat das Ministerium am 6. September 2011 ausgestellt, die bis heute automatisch gegen diesen Personenkreis angewendet wird. Jederzeit können auch Einzelermächtigungen erteilt werden. So stehen inzwischen neben der Führungsebene auch „einfache“ Mitglieder vor Gericht. Von abgeschlossenen beziehungsweise laufenden §129a/b-Verfahren betroffen sind laut AZADÎ e.V. nach derzeitigem Stand 54 Aktivist:innen; elf Kurden befinden sich aktuell in deutschen Gefängnissen in Straf- beziehungsweise Untersuchungshaft.
„In den 129b-Prozessen beantragen die Verteidiger:innen die Rücknahme der Verfolgungsermächtigung, was auch während laufender Verfahren möglich wäre, aber durchgängig abgelehnt wird. Die Besonderheit besteht auch darin, dass die vom BMJV erteilten Vollmachten weder begründet werden müssen noch rechtlich angegriffen werden können“, hebt Monika Morres von AZADÎ e.V. hervor. Gerade deshalb sei eine solidarische Prozessbeobachtung enorm wichtig. Einerseits, um der Justiz auf die Finger zu schauen und den Gerichten zu zeigen, dass sie nicht willkürlich urteilen können. Und andererseits die betroffenen Angeklagten zu unterstützen. Auf folgende Termine macht der Rechtshilfefonds aufmerksam (Termine können kurzfristig geändert werden):
Mirza B., OLG München (Prozesseröffnung 13.5.2022)
- Dienstag, 31.5.
- Dienstag, 21.6.
- Freitag, 24.6. und
- Dienstag, 28.6.
Alle Verhandlungen beginnen um 9:30 Uhr in Saal B 275 vor dem OLG München, Nymphenburger Str. 16
Mazlum D., OLG Stuttgart (Prozesseröffnung 21.2.2022)
- Mittwoch, 1.6., 9:15 Uhr
- Montag, 20.6., 11:00 Uhr
- Mittwoch, 22.6., 13.30 Uhr
- Montag, 27.6., 9.15 Uhr und
- Mittwoch, 29.6., 9:15 Uhr
Alle Verhandlungen finden vor dem OLG Stuttgart-Stammheim, Asperger Str. 49, statt.
Merdan K., OLG Stuttgart (Prozesseröffnung 17.3.2022)
- Freitag, 3. 6.
- Dienstag, 21.6.
- Freitag, 24.6. und
- Dienstag, 28.6.
Alle Verhandlungen beginnen um 9:15 Uhr in Saal 02 EG vor dem OLG Stuttgart-Stammheim.
Abdullah Ö., OLG Frankfurt/M. (Prozesseröffnung 11.4.2022)
- Mittwoch, 1.6.
- Dienstag, 7.6.
- Mittwoch, 8.6. und
- Montag, 27.6.
Alle Verhandlungen beginnen um 9:30 Uhr in Saal II vor dem OLG Frankfurt/M., Konrad-Adenauer-Str. 20.
Titelfoto: Antifa Report Pfalz