104 deutsche Staatsangehörige in der Türkei festgehalten
Wie die Bundesregierung mitteilt, werden aktuell 104 deutsche Staatsangehörige in der Türkei festgehalten. 55 von ihnen befinden sich in Haft.
Wie die Bundesregierung mitteilt, werden aktuell 104 deutsche Staatsangehörige in der Türkei festgehalten. 55 von ihnen befinden sich in Haft.
Aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Schriftliche Frage geht hervor, dass mit Stichtag 1. Juni 2022 49 deutsche Staatsangehörige mit Ausreisesperren in der Türkei festgehalten werden und 55 weitere inhaftiert sind. Die migrationspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Gökay Akbulut, hatte nach Ausreisesperren aus der Türkei und Einreisesperren in die Türkei gefragt. Da Einreisesperren nur bei Kontaktaufnahme der Betroffenen mit deutschen Behörden der Bundesregierung bekannt würden, wurden in diesem Jahr nur drei offiziell registriert. Die Zahl der inhaftierten Personen, die in Deutschland einen Aufenthaltstitel haben, aber über keinen deutschen Pass verfügen, dürfte weit höher liegen, wird jedoch von Bundesregierung nicht erfasst.
„Türkeipolitik der Bundesregierung hat sich nicht geändert“
Viele der in der Türkei inhaftierten deutschen Staatsangehörigen sind aufgrund von kritischen politischen Äußerungen in sozialen Medien nach den Gesinnungsparagraphen „Präsidentenbeleidigung“ oder „Terrorpropaganda“ inhaftiert. Häufig werden direkt bei der Einreise Social-Media-Accounts auf solche Aussagen kontrolliert. Akbulut fordert angesichts dessen: „Die Bundesregierung muss sich endlich mehr für unschuldig Inhaftierte einsetzen! Trotz Regierungswechsel und einer grünen Außenministerin hat sich die Türkeipolitik der Bundesregierung nicht geändert. Viele Einreisende werden in der Türkei allein wegen Beiträgen in sozialen Medien festgehalten. Ihnen werden unter anderem Präsidentenbeleidigung und teilweise sogar Mitgliedschaften oder Unterstützung von vermeintlichen Terrororganisationen vorgeworfen. Die Toleranzgrenze der freien Meinungsäußerung und das Demokratieverständnis sind in der Türkei anders als in Deutschland.“
„Keine Informationsweitergabe an ausländische Dienste“
Akbulut warnt auch vor der Weitergabe von Daten von Vertreter:innen in Deutschland legaler Vereine an die Türkei. Aus einer parlamentarischen Inititive Akbuluts war hervorgegangen, dass mindestens einmal Daten der Vereinsvorstände kurdischer Vereine an „einen ausländischen Dienst“ übermittelt worden waren. Wohin diese Daten übermittelt wurden, wird an einer Urteilsbegründung eines türkischen Gerichts deutlich, in dem über 100 Vorstände von kurdischen Vereinen in Deutschland aufgelistet sind.
Akbulut fordert den Schutz der Betroffenen und erklärt: „Die Bundesregierung muss für Klarheit sorgen, in welchem Umfang sie Informationen dieser Vereine mit türkischen Behörden geteilt hat. Eine solche Datenübermittlung ist insbesondere für kurdische Vereinsaktive, die in die Türkei reisen, eine ernsthafte Gefährdung. Zahlreiche Personen, die sich hier politisch oder kulturell engagieren, werden in der Türkei festgehalten oder verhaftet. Informationen zu Menschen, die sich hier am Vereinsleben beteiligen, dürfen daher unter keinen Umständen an ausländische Dienste weitergegeben werden.“