Letzte Worte von Seyit Evran

Unser Freund und Kollege Seyit Evran wird am Mittwoch in Qamişlo beerdigt. Er war über dreißig Jahre in Kurdistan als Journalist tätig und schrieb vor seinem Tod in einer letzten Botschaft: „Es gab noch sehr viel zu tun, aber meine Zeit ist vorbei."

Der am 22. September an Herzversagen verstorbene Journalist Seyit Evran wird am Mittwoch auf dem Gefallenenfriedhof Şehid Delil Saruxan in Qamişlo beerdigt. Unser Freund und Kollege, der über dreißig Jahre als Journalist in Kurdistan arbeitete, hat vor seinem Tod eine letzte Botschaft verfasst:

„Beim Aufbruch zur letzten Reise: Jedem Moment des Lebens einen Sinn zu verleihen, erfordert große Kämpfe. Auch ich habe dafür große Kämpfe geführt. Ich war Kurde und auch mein Volk sollte frei sein. Dafür habe ich bis zum letzten Atemzug meinen Stift und meine Kamera genutzt und gesagt, was ich zu sagen hatte. Jetzt schaue ich zurück, wie viele Generationen haben gewechselt? Ich weiß, wir sind jeden Tag mehr geworden...

Wir kommen aus der Tradition derjenigen, die sich die Philosophie zum Grundsatz gemacht haben, die ihnen zufallende Aufgabe für die Freiheit dieses Volkes selbst im Grab noch zu erfüllen. Dafür haben wir existiert und gelebt.

Mein Großvater hat diesen Kampf begonnen, als er zusammen mit Scheich Seîd [Şêx Seîdê Pîran] marschierte. Ich bin der Enkel meines Großvaters. Die von ihm übernommene Fahne habe ich mit Rêber Apo [Abdullah Öcalan] und der PKK weitergetragen. Ich war überall, von Amed bis Garzan, von Efrin bis Qamişlo, vom Zap bis Silêmanî, von Ûrmiye bis Mahabad. Jetzt ist ein Teil von mir Bakur, ein Teil ist Rojava, ein Teil ist Başûr und ein Teil ist Rojhilat. Ich bin zu ganz Kurdistan geworden. Inzwischen gibt es Millionen Menschen nach mir, die diese Tradition fortsetzen. Es gab noch sehr viel zu tun, aber meine Zeit ist vorbei.“


Eine weitere Botschaft, die Seyit Evran hinterlassen hat, findet sich in einem Haus im Dorf Elpelur westlich von Kobanê, in dem sich Abdullah Öcalan 1979 in seiner ersten Zeit in Rojava für ungefähr drei Monate aufhielt. Das Haus wurde im April 2021 bei einem türkischen Drohnenangriff beschädigt und anschließend wiederhergerichtet. Seyit Evran schrieb bei einem Besuch im Januar 2022 in das Gästebuch:

„Diese Gefühle zu erleben, ist unbeschreiblich. Hätten wir vor 43 Jahre gesagt, dass wir in Rojava, in Nord- und Ostsyrien und in den vier Teilen Kurdistans im Herzen der Revolution eine Revolution erleben werden, hätte uns niemand geglaubt, wir wären für verrückt erklärt worden. Hier ist der Ort, an dem diese Revolution vor 43 Jahren begann. Es ist eines der Häuser, in denen Rêber Apo lebte, als er nach Kobanê kam. Von hier aus ging es Schritt für Schritt zur Revolution. Diese Gefühle sind unbeschreiblich und machen den Menschen glücklich.“