Prozess gegen IS-Rückkehrerin Elina F.

In Hamburg läuft seit Juli der Prozess gegen die IS-Rückkehrerin Elina F. Ihr wird Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland vorgeworfen. Am Montag nahm die Angeklagte dazu Stellung.

Am 3. August fand vor dem Oberlandesgericht Hamburg der zweite Verhandlungstag im Prozess gegen die IS-Rückkehrerin Elina F. statt. Elina F. wird vorgeworfen, sich zwischen 2013 und Oktober 2019 als Mitglied des sogenannten Islamischen Staates in Syrien aufgehalten zu haben. Seit April 2018 befand sie sich in einem Camp in Ain Issa in der Demokratischen Föderation Nord- und Ostsyrien. Während der völkerrechtswidrigen Invasion der Türkei in Nordsyrien im Oktober 2019 konnte Elina F. mit Hilfe des MOPO-Journalisten Daniel Gözubüyük, der sie telefonisch anleitete, und der Unterstützung weiterer Personen in die Türkei fliehen. Von dort wurde sie nach Deutschland überstellt.

Der Auftakt des Prozesses, in dem der Hamburgerin die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland vorgeworfen wird, war am 10. Juli 2020. Insgesamt sind vorerst 15 Verhandlungstage angesetzt.

Salafistische Propagandaveranstaltungen in Hamburg

Inhalt der Verhandlung am Montag war zunächst eine ergänzende Einlassung, die gleich zu Beginn von der Verteidigung veranlasst wurde. In dieser neunseitigen Erklärung nahm Elina F. Stellung zu dem Vorwurf der Mitgliedschaft beim sogenannten Islamischen Staat. Sie erklärt, ihre Radikalisierung hätte unter anderem bei Propagandaveranstaltungen der salafistischen Szene in Hamburg-Wandsbek stattgefunden. Bei diesen Veranstaltungen sei gezielt dazu aufgerufen worden, dass alle Muslime sich in Syrien versammeln sollen, um dort einen eigenen islamischen Staat aufzubauen. Für Elina F. sei schnell klar gewesen, dass sie gemeinsam mit ihrem damaligen Ehemann Serkan E. irgendwann aus Deutschland ausreisen würde, um diesen Kampf zu unterstützen. 2013 sei sie Serkan E. nach Syrien gefolgt, wo sie sich zunächst der Freien Syrischen Armee (FSA), später dann dem sogenannten Islamischen Staat anschlossen.

Dschihad-Aufruf an Frauen

Als Beweismittel im Verfahren gegen die Angeklagte dient unter anderem ein Video, in dem sie, ausgestattet mit einem Sturmgewehr, Frauen dazu aufruft, nach Syrien zu kommen und sich dem IS anzuschließen. Den Hass, der in dem Video in ihrer Stimme liegt, rechtfertigt Elina F. in der ergänzenden Einlassung unter anderem damit, dass sie ihren Ehemann Serkan E. unterstützen wollte.

Erst nach 2015, als sie bereits Mutter von zwei Kindern war, seien erste Zweifel an dem Kampf des Islamischen Staates aufgekommen. Diese habe sie sich jedoch nicht anmerken lassen.

Anschließend an die ergänzende Einlassung wurden die Videos von der Befragung, die das LKA nach der Verhaftung von Elina F. in Hamburg durchgeführt hat, abgespielt. Darin schildert Elina F. ihren Werdegang und geht insbesondere auf die Zeit ein, nachdem sie Serkan E. kennenlernte, ihre Radikalisierung sowie ihr Leben in Syrien.

Elina F. gibt an, vor ihrer Ausreise nach Syrien wiederholt an Veranstaltungen in Hamburg teilgenommen zu haben, von denen sie in der zuvor verlesenen Einlassung insbesondere die Thematisierung der Situation in Syrien betont. Sie habe auch regelmäßig eine Moschee in Bergedorf besucht und an der Lies-Kampagne teilgenommen. Zugleich gibt sie an, damals kaum Wissen über Syrien, die dortige Situation oder die Organisationen vor Ort gehabt zu haben.

Problemlose Reise über die Türkei nach Syrien

Nach Syrien sei Elina F. gemeinsam mit einer anderen Frau aus Hamburg gereist. Ob sie zuvor mit Menschen über ihren Entschluss gesprochen habe, könne sie nicht mehr erinnern. 2013 seien sie gemeinsam nach Istanbul geflogen. Von dort aus seien sie nach Gaziantep gefahren, wo sie zwei Wochen später von der FSA („Freie Syrische Armee“) abgeholt worden seien. Den Grenzübertritt beschreibt Elina F. als problemlos, da die Türkei mit der FSA zusammen gearbeitet habe.

Zunächst sei Elina F. im von der FSA kontrollierten Teil Aleppos gewesen. Als Aleppo evakuiert wurde, sei sie nach Rakka gegangen. Dort habe sie nach dem Tod von Serkan E. in einem Frauenhaus gelebt und am Religionsunterricht teilgenommen. Im Unterricht wurde unter anderem gelehrt, dass der größte Dschihad für Frauen die Erziehung der Kinder sei und sie beispielsweise vom Alkohol abzubringen. Dann habe sie ihren zweiten Ehemann geheiratet, mit dem sie gemeinsam gelebt habe und von dem sie erneut schwanger geworden sei.

Zwischen 2018 und dem Beginn des Angriffskriegs der Türkei auf die Demokratische Föderation Nord- und Ostsyrien sei Elina F. im Geflüchtetenlager in Ain Issa gewesen. Als die Angriffe stärker wurden, sei sie aus dem Lager geflohen und letztendlich im Gefängnis der FSA in Aleppo gelandet. Dort sei sie unter anderem von türkischen Polizisten befragt worden, die sie dann in die Türkei gebracht haben sollen.

Weitere Verhandlungstage

Bei dem kommenden Verhandlungstermin am Donnerstag werden die noch fehlenden Ton- und Videomitschnitte aus dem Verhör abgespielt werden. Anschließend soll die Angeklagte befragt werden.

Die Verhandlungen beginnen jeweils um 9.30 Uhr. Die weiteren Verhandlungstage sind:

Donnerstag, 6. August 2020,

Freitag, 7. August 2020,

Dienstag, 11. August 2020,

Mittwoch, 12. August 2020,

Montag, 17. August 2020,

Mittwoch, 19. August 2020,

Mittwoch, 26. August 2020,

Freitag, 28. August 2020,

Montag, 31. August 2020,

Mittwoch, 2. September 2020,

Dienstag, 8. September 2020,

Mittwoch, 9. September 2020,

Freitag, 11. September 2020