Apê Nemir – ein Symbol des Freiheitskampfes

Apê Nemir ist der älteste versehrte Freiheitskämpfer der Rojava-Revolution gewesen. Nach seinem Tod hinterlässt er ein Erbe des Widerstands.

Apê Nemir

Mit Apê Nemir ist ein Symbol des Widerstands gestorben. Das Pressezentrum der YPG gab den Tod eines der ältesten Kämpfer am 13. Oktober bekannt. Der 74-Jährige war einem Herzinfarkt erlegen. Seine Geschichte steht symbolisch für die Geschichte der Menschen in Rojava. Apê Nemir, mit bürgerlichen Namen Khalil Osman Heme, erblickte im Jahr 1950 im Dorf Dihapê bei Kobanê das Licht der Welt. Er war der einzige Sohn der Familie und wuchs in einem von kurdischem Patriotismus geprägten Umfeld auf. Der junge, politisch interessierte Bauer wurde wegen seines Engagements dreimal von Assad-Regime verhaftet, ließ sich jedoch auch durch Repression nicht von seinem Weg abbringen.

Eine Familie im Freiheitskampf

Einen entscheidenden Wendepunkt in seinem Leben stellte das Jahr 1980 dar. Damals lernte er Abdullah Öcalan persönlich kennen und wurde zu einem aktiven Anhänger der kurdischen Freiheitsbewegung. Apê Nemir hat sechs Kinder, die sich ebenfalls in verschiedenen Bereichen der Freiheitsbewegung engagierten und sich mit der Rojava-Revolution sowohl in der militärischen Verteidigung als auch in der sozialen Organisierung intensiv einbrachten. Trotz der schwierigen Bedingungen und begrenzten Möglichkeiten in den ersten Jahren der Revolution leistete Apê Nemir Großes in der Organisierungsarbeit und insbesondere bei der Vorbereitung des Widerstands in Kobanê gegen den IS.

Im Kampf um Kobanê

Der türkische Staat leitete 2014 den Vormarsch des IS auf Kobanê um. Obwohl der IS mit dem Sturz des Regimes in Damaskus Propaganda machte, investierte die Terrormiliz sämtliche Ressourcen auf die kleine Stadt an der türkischen Grenze. Kobanê war der Ort, an dem die Revolution von Rojava begonnen hatte und dort wollten der IS und die Türkei diese auch begraben. Gleichzeitig sollte Kobanê zu einem strategischen Verteilungszentrum von aus der Türkei gelieferter Logistik und Rekruten für den IS werden. Aber der türkische Staat und der IS hatten ihre Rechnung ohne Menschen wie Apê Nemir gemacht. In Kobanê stieß der IS auf massiven Widerstand und schließlich wurde dem IS hier durch einen echten Volkskrieg das Rückgrat gebrochen.

Vom ersten Tag an im Kampf

Apê Nemir beteiligte sich vom ersten Tag an im Widerstand von Kobanê. Obwohl alle seine Mitstreiter:innen ihm rieten, die Stadt aufgrund seines Alters zu verlassen, kämpfte er weiter. Er betonte, dass er dort, wo er geboren wurde, auch bis zum Ende kämpfen würde. Apê Nemir wurde im Widerstand an der Südfront in den Dörfern Boraz, Çarqelî und Girê Sêvî dreimal verletzt. Er wurde am Arm und am Bein verwundet. Noch bevor seine Behandlung abgeschlossen war, kehrte er aus einem Krankenhaus in Nordkurdistan an die Front zurück. Obwohl sein Arm aufgrund seiner Verletzung dauerhaft gelähmt war, kämpfte er weiter und wurde so zu einem Widerstandssymbol.

Ausdruck der Realität in Kobanê

So erregte er auch die Aufmerksamkeit von Journalist:innen, die die Front besuchten. Er wurde weltbekannt, als er sagte: „Ich möchte unser Land von diesem Schmutz befreien. Zwei meiner Kinder und ich beteiligen uns an diesem Kampf. Ich habe meine Kinder seit Monaten nicht gesehen. Ich weiß nicht, wo sie sind. Alle jungen Menschen Kobanês, die Ehre und Würde besitzen, sollen kommen und ihre Stadt vor diesen Verbrechern retten.“

Apê Nemir wie auch seine Kinder kämpften bis zum Ende gegen den IS in Kobanê. Sein Sohn Osman fiel beim IS-Massaker im Juni 2015 in Kobanê. Bis zu seinem Tod beteiligte sich Apê Nemir auf allen Ebenen an der revolutionären Aufbauarbeit. Damit hinterließ er ein großes Erbe des Widerstands. So beteiligten sich am 15. Oktober unzählige Menschen an seiner Beisetzung auf dem Gefallenenfriedhof von Kobanê.