Tausende kündigen an, Räumung von Lützerath zu verhindern

Im Herbst steht die NRW-Landesregierung vor einer Entscheidung: Darf RWE das Dorf Lützerath für die Erweiterung einer Kohlegrube dem Erdboden gleich machen oder meint sie es ernst mit dem Klimaschutz?

In einer öffentlichen Absichtserklärung haben über 5.000 Menschen angekündigt, sich der Zerstörung Lützeraths in den Weg zu stellen, sollte die Landesregierung Nordrhein-Westfalens (NRW) das Dorf im Herbst räumen lassen. Mit dabei sind Anwohnende, Aktive von Fridays For Future, ehemalige Bundestagsmitglieder sowie die Geschäftsführenden von Umweltverbänden. Lützerath liegt an der Kante des Braunkohle-Tagebaus Garzweiler II und ist akut von der Abbaggerung durch den Kohlekonzern RWE bedroht.

Die Erklärung verweist darauf, dass eine Verbrennung der Kohleschicht unter Lützerath mit der Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels und Klimagerechtigkeit unvereinbar sei. Denn das Rheinische Kohlerevier gilt als Europas größte CO2-Schleuder. RWE plant, zwischen Aachen, Köln und Düsseldorf mehrere hundert Millionen Tonnen abzubauen und zu verbrennen. Unter Lützerath ist die Kohleschicht aber besonders groß, weshalb der Erhalt des Dorfes zu einer besonders großen Einsparung von CO2 führen könnte. „Keine andere Maßnahme kann so schnell und so einfach CO2 einsparen“, heißt es in dem Positionspapier.

Deshalb wird gefordert: „Diese Chance müssen wir nutzen. Die Regierung in Nordrhein-Westfalen hätte die Möglichkeit, den Erkenntnissen der Wissenschaft, den Forderungen von Klimawandel-Betroffenen und den Bedürfnissen zukünftiger Generationen zu entsprechen und ihren Worten endlich Taten folgen zu lassen. Stattdessen versuchen CDU und GRÜNE, Lützerath als nettes, aber letztlich belangloses ‚Symbol‘ kleinzureden, um ihren Koalitionsfrieden aufzubauen und den Kohlekonzern RWE nicht zu verärgern. Ihr Kalkül ist, dass wir schon nicht so viele und nicht so entschlossen sein werden. Sie spekulieren darauf, dass eine Räumung Lützeraths rasch vorbei ist und schnell in Vergessenheit gerät.“

Damit begehe die NRW-Landesregierung einen „großen Fehler“. Denn seit Jahren protestieren Anwohnende und Umsiedlungsbetroffene, Klimaaktive, Landwirt:innen, Großeltern, Geistliche, Kulturschaffende und Prominente mit vielen Tausend Menschen dafür, dass die Dörfer im Rheinischen Kohlerevier bleiben. Durch dieses Engagement konnten bereits einige Ortschaften erhalten bleiben – „und wir sind fest entschlossen, auch Lützerath zu retten“, erklären die Unterzeichnenden.

Lakshmi Thevasagayam von der Initiative Lützerath Lebt! erklärt: „Wir leben in einer Zeit, in der uns mehrere Krisen überrollen – dabei merken wir immer mehr, dass das kapitalistische Wirtschaftssystem diese Krisen ausnutzt und antreibt, um Profit zu machen. Die Politik stoppt das nicht – im Gegenteil: Die letzte Bundesregierung sicherte den Kohleabbau für den Tagebaubetreiber durch ein Gesetz, welches auf von RWE bezahlten Gutachten fußt. Wenn Schwarz-Grün in NRW nun weiter die Augen vor der Klimakatastrophe verschließen und dreckige Kohle abbaggern will, müssen wir uns organisieren, um ein lebenswertes Leben für alle zu ermöglichen. In Indien fallen Menschen um vor der Hitze, Vögel fallen vom Himmel, in Italien fallen Ernten für das gesamte Jahr aus – was brauchen wir noch, um zu handeln?“

Mit der Absichtserklärung stellen sich die Unterzeichnenden auch an die Seite von Gemeinschaften im globalen Süden, für die schon die jetzige Klimaerhitzung „die Hölle“ sei. Diese Gemeinschaften hätten am wenigsten zur Klimakrise beigetragen und kämpften zugleich schon am längsten gegen die globale Ungerechtigkeit, die sie hervorgebracht habe. „Die Fakten sind klar. Wenn nicht jetzt sofort umgelenkt wird, sind alle Bemühungen, die 1,5°C-Grenze noch einzuhalten und damit die Auswirkungen der Klimakatastrophe einzudämmen, zum Scheitern verurteilt.“ Die Zeit des Wartens und der leeren Worte sei vorbei. „Die Zeit des Handelns ist gekommen.“

Der vollständige Brief findet sich unter www.x-tausend.de und kann weiterhin unterzeichnet werden.

Titelfoto: Hubert Perschke | Ende Gelände