Mexiko: Solidaritätskundgebung für Hortensia Telésfor brutal angegriffen

Statt die Kriminalisierung von Hortensia Telésfor und den Widerstand der Bevölkerung von San Gregorio Atlapulco zu beenden, reagierten die mexikanischen Behörden auf eine Solidaritätskundgebung mit brutaler Repression.

Solidarität mit Hortensia Telésfor

In der Nacht des 2. August 2024 hat die mexikanische Generalstaatsanwaltschaft Hortensia Telésfor, Mitglied der Ständigen Generalversammlung von San Gregorio Atlapulco, angezeigt (wir berichteten). Telésfor wurde mit einem an der Tür des ihres Hauses angebrachten Briefes darüber informiert. Sie wurde aufgefordert, sich noch am selben Nachmittag in Begleitung eines Anwalts zur Staatsanwaltschaft zu begeben, da das Büro des Bürgermeisters von Xochimilco in Mexiko-Stadt eine Untersuchung gegen sie eingeleitet hatte.

Am 5. September 2024 begab sich Hortensia in Begleitung von mit ihr solidarischen Genossinnen und Genossen um 10.30 Uhr zum Gericht des Reclusorio Sur in Xochimilco, um den für sie angesetzten Termin wahrzunehmen. Der Termin war auf diesen Tag verschoben worden, es wurde die Rücknahme des Strafantrags gegen die Verteidigerin des Territoriums gefordert.

Aufgrund der besonderen Situation der mexikanischen Justiz durch aktuell durchgeführte Justizreformen wurde die Sitzung unterbrochen und vertagt. Es wurde beschlossen, die Sitzung in das Büro des Bürgermeisters von Xochimilco zu verlegen, da die Beschwerde von seinem Büro aus unterstützt wird.

Die Kundgebung in Solidarität mit Telésfor beschloss daraufhin, vor das Büro des Bürgermeisters von Xochimilco zu ziehen, um dort friedlich zu protestieren. Anstatt die Kriminalisierung von Telésfor und des würdigen Widerstands der Bevölkerung von San Gregorio Atlapulco zu beenden, reagierten die Behörden mit brutaler Repression:

Vor dem Bürgermeisteramt von Xochimilco unter der Leitung der stellvertretenden Bürgermeisterin Juana Onésima Delgado Chávez reagierten die Behörden mit brutaler Repression. Mindestens 40 Mitglieder einer Gruppe unter dem Kommando von Francisco Pastrana, dem juristischen Direktor des Bürgermeisteramtes, wurden die Demonstrant:innen mit Hiebwaffen, Stöcken und Rohren angegriffen und mit Messern und Schusswaffen bedroht. Zahlreiche Menschen wurden verletzt, von denen sich einige blutüberströmt an die anwesenden freien Medien wandten und ein Ende der Angriffe forderten. Es gab auch Berichte über den Diebstahl von privaten Mobiltelefonen.

Zusätzlich zu der Tatsache, dass viele Menschen mehrere Blocks vom Büro des Bürgermeisters entfernt von der Schlägertruppe verfolgt wurden, nahm die Polizei auch fünf Personen fest: Anselma Margarito Francisco, ein Mitglied der indigenen Gemeinschaft der Otomí in Mexiko-Stadt, Roberto Rodríguez, Mitglied der Metropolitankoordination, Uriel García Rosas und Jorge Cansino, Studenten der Fakultät für Politikwissenschaften der UNAM und Mitglieder des Kollektivs Conciencia y Libertad, und Estefanía Galicia Argumedo, Reporterin für den freien Medienkanal Radio Zapote.

Einigen von ihnen wurde in Anwesenheit von Zeug:innen zuvor brutal ins Gesicht geschlagen. Es vergingen mehrere Stunden, ohne dass etwas über den Verbleib der Festgenommenen bekannt war. Anschließend zogen die Demonstrant:innen zur Staatsanwaltschaft von Tlalpan, um die Freilassung der Verhafteten zu fordern und über die gegen sie erhobenen Vorwürfe informiert zu werden.

Daraufhin kam es erneut zu Übergriffen, diesmal durch mehrere Gruppen von Polizisten, die Tränengas einsetzten und mehrere Personen vom Ort des Geschehens verschleppten. Schließlich drohten sie, die Inhaftierten mindestens 48 Stunden festzuhalten, während sie ihnen keinen Rechtsbeistand und keine medizinische Versorgung zur Verfügung stellten.

Am Abend versammelten sich zahlreiche Demonstrant:innen vor dem Ministerium, um sich mit den Inhaftierten zu solidarisieren und ihre sofortige Freilassung zu fordern. Gegen 23.30 Uhr wurden die fünf Inhaftierten schließlich freigelassen, ebenso wie die willkürlich kooptierten Personen.

Die Versammlung zur Verteidigung von Wasser und Leben, Mitglieder des CNI (Congreso Nacional Indígena) erklärte am 5. September als Reaktion auf die Angriffe: „Wir fordern Gerechtigkeit für alle Angegriffenen! Wir machen den Regierungschef Martí Batres und den Sekretär für Bürgersicherheit des CDMX für die gewaltsame Unterdrückung derjenigen verantwortlich, die sich gegen die Angriffe gewehrt haben und ihr Territorium verteidigen. Wir richten einen dringenden Aufruf an alle Netzwerke, Organisationen und solidarische Menschen auf nationaler und internationaler Ebene, sich unserer Forderung nach Gerechtigkeit anzuschließen. Lassen wir nicht zu, dass institutionelle Gewalt und Straflosigkeit weiterhin diejenigen verschwinden lassen, die für das Leben und das Territorium kämpfen! Wir fordern ein sofortiges Ende der Kriminalisierung der Autonomie und derjenigen, die wie Hortensia Telésforo das Leben verteidigen. Hortensia Telésforo ist nicht allein! Wir machen die zweite Staatsanwaltschaft von Xochimilco und die Regierung verantwortlich für jede Verletzung ihrer physischen und psychischen Integrität, wie auch die unserer [damals] verschwundenen Kameraden. Wir erinnern daran, dass sie heute, am Internationalen Tag der indigenen Frauen, beschlossen haben, den Mut von Frauen wie Anselma anzugreifen, die trotz der Repression, der sie ausgesetzt sind, ihre Territorien und Rechte verteidigen. Wir vergessen nicht, dass wir am 30. August der Opfer des gewaltsamen Verschwindenlassens gedenken, und wir vergessen nicht, wie wichtig der September für den Kampf gegen staatliche Gewalt ist, insbesondere für unsere 43 Genoss:innen aus Ayotzinapa, und dennoch beschließt die mörderische Regierung weiter zu unterdrücken.“

Auch die Recherche-AG / Colectivo de InvestigAcción verurteilt „den feigen und brutalen Angriff auf die friedliche Demonstration in Solidarität mit der Verteidigerin des Territoriums Hortensia von der Ständigen Generalversammlung des Pueblos von San Gregorio Atlapulco“.