Proteste gegen Al-Scharaa in der Türkei

„Zusammenarbeit mit Kriegsverbrechern ist Mittäterschaft am Völkermord“

Syrischer Übergangspräsident in Antalya

In mehreren Städten der Türkei ist es am Freitag zu Protesten gegen die Teilnahme des syrischen Übergangspräsidenten Ahmed al-Scharaa am Antalya Diplomatie-Forum gekommen. Der Anführer der islamistischen Miliz „Hayat Tahrir al-Sham“ (HTS), auch bekannt als Muhammad al-Dschaulani, gilt als eine der zentralen Figuren des Syrien-Krieges – insbesondere in Zusammenhang mit massiven Verbrechen an der Zivilbevölkerung, darunter die Massaker an der alawitisch geprägten Küste Syriens, bei denen im zurückliegenden Monat tausende Menschen ermordet wurden.

Zivilgesellschaftliche Organisationen, insbesondere alevitische sowie alawitische Vereinigungen und Frauenkollektive, verurteilten die Einladung scharf. In Erklärungen warnten sie vor der Normalisierung extremistischer Gewaltakteure durch internationale Foren – und sprachen von einer „politischen und moralischen Bankrotterklärung“.

Adana: „Syrische Frauen sind nicht allein“

In Adana protestierten religiöse Gruppen und Fraueninitiativen, darunter „Lila Solidarität“ (Mor Dayanışma), gegen die Teilnahme al-Scharaas. Sprecherin Pelin Çiçek bezeichnete die Einladung als „Schlag ins Gesicht aller Frauen“, die unter HTS-Gewalt litten. Sie kündigte eine Friedensmarsch am 24. April zur türkisch-syrischen Grenze in Hatay-Samandağ an. „Wir bauen eine Mauer gegen den Krieg und für Solidarität – gemeinsam mit Frauen an der syrischen Grenze. Diese Mauer soll keine trennen, sondern verbinden“, sagte Çiçek.

Antalya: „Al-Scharaa gehört vor ein internationales Tribunal“

In Antalya selbst fand eine Kundgebung vor dem Sitz des alevitischen Kulturvereins Pir Sultan Abdal (PSAKD) statt. Die Teilnehmenden zeigten Transparente mit der Aufschrift „Al-Dschaulani raus aus Antalya – vor ein Tribunal!“.

Abdurrahman Karadağ, Sprecher des PSAKD, sagte: „Al-Dschaulani repräsentiert nicht nur religiösen Fanatismus, sondern einen offenen Angriff auf alle, die Frieden, Laizismus und Gleichheit verteidigen. Wer in Syrien tötete, hat auf diesem Forum keinen Platz.“ Er zog eine direkte Linie zwischen den Massakern in Syrien und den Anschlägen auf Alevit:innen und Kurd:innen in der Türkei: „Sivas, Maraş, Suruç, Ankara – sie alle entspringen der gleichen Geisteshaltung.“

Mersin: „Ein Kriegsverbrecher auf diplomatischer Bühne?“

In Tarsus bei Mersin organisierte die Plattform für Arbeit und Demokratie eine Protestkundgebung. Sprecher Mahmut Sarıca nannte al-Scharaa einen „syrischen Kriegsverbrecher“, der festgenommen und vor ein internationales Gericht gestellt werden müsse. „Die AKP hat diese Milizen seit Jahren unterstützt – finanziell, logistisch und politisch. Diese Zusammenarbeit macht sie zu Mittäter:innen an einem Völkermord.“

Istanbul: „Wir werden nicht schweigen“

Auch in Istanbul-Kadıköy versammelten sich zahlreiche Organisationen, darunter die Alevitische Bektaşi-Föderation (ABF), die DEM Partei, die ESP und Partizan. Auf Bannern stand: „Blutiger Mörder al-Dschaulani – Raus aus unserem Land“ und „In Syrien findet ein Genozid an Alawit:innen statt – Wir werden nicht schweigen“.

Ibrahim Karakaya, Vizepräsident der Istanbuler ABF, betonte in einer gemeinsamen Erklärung: „Die Einladung al-Dschaulanis ist eine offene Beleidigung für alle, die sich für Frieden und Menschenrechte einsetzen. Wir fordern eine klare Haltung gegen religiösen Fanatismus und für die Rechte aller unterdrückten Bevölkerungsgruppen – in Syrien wie in der Türkei.“