Sônia Guajajara: „Wir werden auf allen Ebenen kämpfen“

Indigene Völker in Brasilien, deren Lebensraum bedroht ist, zeigen ein starkes Interesse an der Politik. Bei den brasilianischen Wahlen kandidieren insgesamt 180 Menschen aus 45 indigenen Völkern für einen Sitz im Parlament.

Die Politik der Regierung des rechtsextremen brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro, das Amazonasgebiet abzuholzen und für die wirtschaftliche Ausbeutung freizugeben, hat die indigenen Völker des Landes in die Politik geführt. Die Zahl der indigenen Aktivist:innen, die gegen Bolsonaros feindselige Politik gegenüber den Völkern und ihrem Lebensraum auch auf parlamentarischer Ebene kämpfen wollen, ist so stark gestiegen wie nie zuvor in der Geschichte Brasiliens.

180 Kandidat:innen aus 45 indigenen Völkern

Insgesamt 180 Namen indigener Kandidat:innen wurden für die am 2. Oktober 2022 stattfindenden Parlamentswahlen in Brasilien bekannt gegeben. Brasilianischen Medienberichten zufolge gehören diese Kandidat:innen 45 verschiedenen indigenen Gruppen an, die in 24 Bundesstaaten des Landes leben. Dies entspricht einem Anstieg von 116 Prozent im Vergleich zu den Wahlen 2014. Beobachter:innen meinen, dass „die indigenen Völker die Lösung für den Kampf gegen Bolsonaro gefunden haben, indem sie in die Politik gegangen sind".

Die indigenen Völker entscheiden über den Ausgang der Wahlen

Eines der Hauptanliegen Bolsonaros, dem Vorsitzenden der rechtskonservativen sozialliberalen Partei, der bei den Wahlen Ende 2018 an die Macht kam, besteht darin, die Lebensräume der indigenen Völker zu zerstören und sie für wirtschaftliche Ausbeutung und Grundstücksspekulation zu öffnen.

Bolsonaros größter Rivale bei den Wahlen am 2. Oktober, bei denen die neuen Mitglieder der Nationalversammlung, Senatoren und Gouverneure gewählt werden, ist der linksgerichtete ehemalige Präsident des Landes, Luiz Inácio Lula da Silva. Den Umfragen zufolge wird die Wahl ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Bolsonaro und Lula da Silva, die Stimmen der indigenen Völker werden für den Ausgang entscheidend sein.

Unter Lula da Silva, der von 2003 bis 2011 Präsident war, gab es halbherzige Bemühungen zum Schutz der Lebensräume indigener Völker. Nachdem Bolsonaro an die Macht gekommen war, wurde diese Politik jedoch völlig ad acta gelegt und die Wälder des Amazonasgebiets wurden zu wirtschaftlichen Zwecken den Unternehmen überlassen.

Wir werden auf allen Ebenen kämpfen“

In den letzten vier Jahren von Bolsonaros Präsidentschaft gab es beispielsweise mehr Brände in den Regenwäldern des Amazonasgebiets als je zuvor, viele davon wurden absichtlich gelegt. Diese Brände haben die indigenen Völker auch verstärkt dem direkten oder indirekten Druck der Zentralregierung ausgesetzt.

Sônia Guajajara, Koordinatorin des Dachverbands ABIP der indigenen Völker und Kandidatin für das Parlament, erklärte gegenüber Journalist:innen in der Hauptstadt Brasília: „Natürlich bedeutet unser Eintritt in die Politik nicht, dass unser Kampf nur noch in der Politik stattfinden wird. Wir werden auf allen Ebenen kämpfen."

Titelbild: Demonstration indigener Frauen in Brasilia im Jahr 2020 gegen Abholzung und für die Gesundheitsversorgung der Indigenen (© Apib Comunicação - CC BY-SA 2.0)