Nach dem Sturm von Anhängern des schiitischen Klerikers Moktada al-Sadr auf das Regierungs- und Botschaftsviertel in Bagdad hat sich die Zahl der Opfer auf fünfzehn erhöht. Medizinische Quellen teilten darüber hinaus mit, dass bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften mindestens 350 Menschen verletzt wurden. Die irakischen Streitkräfte hatten Schüsse und Tränengas abgefeuert, um die Demonstrierenden aus der hoch gesicherten Grünen Zone zu vertreiben. Kurz vor dem Sturm hatte Al-Sadr seinen Rückzug aus der Politik erklärt und damit die Ausschreitungen ausgelöst.
Am Abend schlugen zudem mindestens sieben Granaten in dem Viertel ein, wie aus Sicherheitskreisen verlautete. Im Anschluss waren Schüsse zu hören. Eine Al-Sadr unterstehende Miliz soll von außen in die Grüne Zone gefeuert haben, hieß es. Die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen im Irak (UNAMI) sprach von einer „extrem gefährlichen Eskalation“ und forderte die Demonstrierenden auf, das Regierungsviertel sofort zu verlassen. „Das Überleben des Staates steht auf dem Spiel“, erklärte die Organisation. Inzwischen haben sich die Proteste auch auf weitere Landesteile ausgeweitet. In den südlichen Städten Nassirija und Hilla wurden ebenfalls Regierungsgebäude von Sadr-Anhängern gestürmt, in Hilla gab es zudem Straßenblockaden.
Damit spitzt sich die politische Krise im Irak weiter zu, nachdem Sadr-Anhänger vor einem Monat bereits in die Grüne Zone eingedrungen waren und das Parlamentsgebäude besetzt hatten. Auch rund zehn Monate nach der Parlamentswahl können sich die Parteien weder auf einen Präsidenten noch einen Regierungschef einigen, während das Land unter einer Wirtschaftskrise, Inflation und Korruption ächzt. Al-Sadrs Sairun-Bewegung ging bei der Wahl zwar als klarer Wahlsieger hervor, konnte jedoch nicht die wichtige Zweidrittelmehrheit erreichen, die für die Präsidentenwahl erforderlich ist. Damit entstand eine politische Pattsituation.
Derweil hat Al-Sadr Medienberichten zufolge einen Hungerstreik angekündigt, bis die Gewalt im Irak aufhört. Zudem müsse der Einsatz von Waffen beendet werden, meldeten die staatliche Nachrichtenagentur INA sowie das staatliche Fernsehen am späten Montagabend. Eine Bestätigung von Al-Sadrs Büro dazu lag nicht vor. Die vom Militär verhängte landesweite Ausgangssperre dauert weiter an.