YPG-Sprecher Nuri Mehmud: Europa stärkt den Terror Erdoğans
Der YPG-Sprecher Nuri Mehmud kommentiert in einem Interview die Situation in Efrîn, die Interessen der Türkei und das Verhalten der Gemeinschaft.
Der YPG-Sprecher Nuri Mehmud kommentiert in einem Interview die Situation in Efrîn, die Interessen der Türkei und das Verhalten der Gemeinschaft.
Der YPG-Sprecher Nuri Mehmud erklärt zur aktuellen Situation in Efrîn: „Für das Erdoğan-Regime gibt es weder die Türkei noch Syrien auf der Landkarte des Mittleren Ostens. In Syrien und im Mittleren Osten soll ein Sultanat wie zu Zeiten der Mongolen errichtet werden.“
Die Bevölkerung von Efrîn sei nicht aufgrund irgendeines Abkommens evakuiert worden, sondern aufgrund des drohenden Genozids: „Es war wichtig, die Bevölkerung an einen sicheren Ort zu bringen. Mit dem Abzug der Zivilbevölkerung ist der Widerstand nicht vorbei. Im Moment geht unser Kampf in Efrîn weiter. Efrîn wird niemals ein sicherer Ort für die Besatzer werden. Der Kampf wird bis zur Befreiung Efrîns weitergehen.“
Der YPG-Sprecher Nuri Mehmud beantwortete die Fragen von ANF folgendermaßen:
Es heißt, dass mit der Evakuierung der Bevölkerung aus dem Stadtzentrum von Efrîn eine neue Phase des Widerstands begonnen habe. Warum musste die Bevölkerung aus der Stadt abgezogen werden?
Der Angriff Erdoğans und seiner Helfer vom IS, al-Nusra und al-Qaida auf Efrîn dauert nun schon zwei Monate an. Da Erdoğan am Boden keine Erfolge erzielen konnte, setzte er Flugzeuge, Hubschrauber, bewaffnete Drohnen, Artilleriebatterien und deutsche Panzer gegen die Zivilbevölkerung ein. Er zwang die Bevölkerung der Region zur Flucht. Aufgrund dieser Angriffe waren die Menschen gezwungen, aus den Dörfern in die Stadt zu fliehen.
Unsere Kämpfer*innen haben täglich erfolgreiche Aktionen gegen die terroristischen Kräfte durchgeführt, aber in der letzten Zeit ist klar geworden, dass die Besatzungskräfte auf einen Genozid abzielen. Sie haben das Stadtzentrum pausenlos mit Artillerie und Flugzeugen angegriffen. Frauen, Kinder, Flüchtlinge aus anderen Regionen, die nach Efrîn geflohen waren, viele Zivilist*innen wurden getötet und ihre Häuser zerstört. Von Anfang an sind Wohnhäuser, Bäckereien, Klärwerke und Wasserspeicher angegriffen worden. Zuletzt wurde das Krankenhaus von Efrîn angegriffen.
Aufgrund dieser Situation haben die militärische und die zivile Verwaltung von Efrîn die Zivilbevölkerung evakuiert. Wir sind dazu übergegangen, einen Guerillakrieg gegen die Besatzer zu führen. Efrîn wird für die Besatzer niemals zu einem sicheren Ort werden. Unser Kampf wird bis zur Befreiung von Efrîn weitergehen.
Natürlich bemüht sich der türkische Staat besonders intensiv darum, die Demografie der Region zu verändern. Aus diesem Grund wird die rückkehrwillige Bevölkerung angegriffen. So wurden beispielsweise 250 Menschen, die nach Cindirês zurückkehren wollten, von diesen terroristischen Kräften angegriffen.
In manchen Medien wird behauptet, Ihre Kräfte und die Bevölkerung seien aufgrund eines Abkommens aus Efrîn abgezogen worden. Trifft das zu?
Die Bevölkerung von Efrîn hat diese Entscheidung selbst getroffen, weil ein Genozid drohte. Unsere Kräfte haben sich dieser Entscheidung angeschlossen. Es war wichtig, unsere Bevölkerung an einen sicheren Ort zu bringen. Mit dem Abzug unserer Bevölkerung ist der Widerstand nicht zu Ende.
Gegen den Terror des IS wurde ein ernsthafter Kampf geführt, an dem auch die Staaten der internationalen Gemeinschaft teilnahmen. Warum unterstützt Russland die Besatzung von Efrîn und warum schweigen die anderen?
Der Einmarsch des türkischen Militärs und der terroristischen Kräfte geschah in Zusammenarbeit mit Russland. Gegen Ghouta wurde Efrîn auf den Tisch gelegt und es wurden Zollabkommen für russische Firmen über den Bosporus und bezüglich des Erdgases getroffen. Der Türkei wurde der Luftraum geöffnet, der türkische Staat benutzte die modernsten Waffen der NATO und sogar chemische Waffen. Ohne Zweifel verfolgt der von Erdoğan geführte türkische Staat weitreichende Pläne. Das sagt er auch selbst.
Was plant er Ihrer Meinung nach?
Für das Erdoğan-Regime gibt es weder die Türkei noch Syrien auf der Landkarte des Mittleren Ostens. In Syrien und im Mittleren Osten soll ein Sultanat wie zu Zeiten der Mongolen errichtet werden. Auf einer Veranstaltung in Mêrdîn sagte Erdoğan, das osmanische Territorium sei 18 Millionen Quadratkilometer groß gewesen und auf den heutigen Zustand mit einer Grenze von 970 Kilometern nach Syrien geschrumpft. In dieser Rede zeigte er, dass er sich mit der aktuellen Situation nicht begnügen möchte.
Ist das denn den internationalen Mächten, Institutionen und Staaten nicht bekannt?
Der türkische Staat nutzt seine strategische Bedeutung in der Region gegen die internationalen Kräfte und ihre Institutionen. Er benutzt die Waffen und Flugzeuge der NATO, die Panzer aus Deutschland. Außerdem bezieht er durch die Erpressung Deutschlands mit dem Flüchtlingsdeal praktisch eine „Dschizya“, eine Christensteuer oder Schutzgeld. Er droht Terroristen nach Europa zu schicken. Deutschland fürchtet sich davor und zahlt Schutzgeld an die Türkei. Das ist so, wie der IS von den Christen in Raqqa und Mossul Schutzgeld erpresst hat. Mit Hilfe dieses Schutzgeldes greift er den Mittleren Osten an. Die Region ist in der Hand einer terroristischen Kraft, von Erdoğan und seiner Regierung. Erdoğan ist mit dem Bestehenden nicht zufrieden und möchte expandieren. Er ist ein Fluch für die Völker des Mittleren Ostens geworden. Die Welt hat ihren Anteil daran. Leider haben sich die Staaten der Welt und ihre Regierung nicht gegen diesen Terrorismus Erdoğans und seines Regimes gestellt. Die internationalen Kräfte wollen die Türkei für ihre eigenen Interessen benutzen und ihre Kapitalinteressen dort verwirklichen. Die Politik der Staaten der westlichen Welt wie auch Asiens und des Mittleren Ostens gegenüber dem Terrorsultan Erdoğan ist schwach und kurzsichtig.
Wie hat der Angriff auf Efrîn Ihren Kampf gegen den IS in Dêra Zor beeinflusst?
Die Zusammenarbeit Erdoğans mit dem IS ist einmal mehr dadurch deutlich geworden, dass die Türkei in Efrîn eine neue Front eröffnet hat. Wir können sehen, dass der IS hier in der Identität der Türkei agiert. Die Schöpfer von Bagdadi und dem IS kämpfen nun selbst in Efrîn. Aus diesem Grund legen unsere Kräfte einen besonderen Wert darauf, die Grundlagen des IS und des Terrors zu bekämpfen. Alle unsere Kräfte in Dêra Zor sind jetzt darauf eingestellt, an Stelle von Dêra Zor Efrîn zu verteidigen und dort zu kämpfen. Die QSD haben die Offensive „Gewittersturm Cizîrê“ vorübergehend eingestellt, aber das bedeutet nicht, dass unser Kampf gegen den IS zu Ende ist. Wir werden bis zum letzten gegen den Terror kämpfen.
Es ist Fakt, dass der Krieg in Efrîn dem IS die Möglichkeit gegeben hat, neue Angriffe durchzuführen und sich zu reorganisieren. Mit Hilfe des türkischen Sultans Erdoğan erneuert sich der IS: Das trifft nicht nur auf Dêra Zor zu. Der IS ist auch in Efrîn. Diejenigen, die jetzt Efrîn besetzen, sind Terroristen und Plünderer.
Der türkische Staat bedroht immer wieder Minbic und behauptet, in Minbic sei die YPG vertreten.
Als YPG haben wir auf Aufruf der Bevölkerung gemeinsam mit dem Militärrat von Minbic und anderen Einheiten der QSD die Stadt aus den Händen des IS befreit. Danach haben wir Minbic und seine Verteidigung dem Militärrat von Minbic übergeben und sind aus der Stadt abgezogen. Die Behauptungen Erdoğans und der AKP-Regierung, die YPG befänden sich dort und Minbic werde von Kurden regiert, sind falsch. Es handelt sich dabei um einen Vorwand, um Minbic anzugreifen.
Wird das passieren können?
Es ist immer noch nicht klar, ob die Regierungen der Welt Minbic für ihre vorübergehenden Profite kurzsichtig dem Erdoğan-Terror opfern werden. Der türkische Staat möchte einen Angriff auf Minbic mit der beschriebenen Haltung und über Verhandlungen legitimieren. Wenn er in Efrîn Erfolg hat, wird er nicht stoppen. Er wird nicht mit Minbic, nicht mit Syrien und auch nicht mit dem Mittleren Osten aufhören. Er wird Europa und Asien ins Visier nehmen.
Was können die Völker des Mittleren Ostens und insbesondere die Kurd*innen tun?
Die Kurd*innen, die Völker Nordsyriens, die Menschen weltweit, die Freiheit und Demokratie wollen, wissen, dass wir mit unserem Kampf gegen den Terror in Nordsyrien die ganze Welt verteidigt haben. Heute hat der Gründervater des Terrors, der türkische Sultan, Efrîn angegriffen und besetzt. Er zielt darauf ab, die Demokratie, die Freiheit und das gesellschaftliche Übereinkommen zu vernichten. Die internationale Staatengemeinschaft und ihre Bündnisse schweigen. Die Menschen sollten sich mit einem natürlichen Verantwortungsbewusstsein damit auseinandersetzen und sich dagegen organisieren. Wir sagen: „Organisiert euch und verteidigt das freie Leben.“. Wir selbst werden unsere Gesellschaft als YPG an jedem Ort bis zum Ende verteidigen.