Volksrat kündigt Rückzug aus Efrîn-Şehba an

Der Volksrat von Efrîn und Şehba hat sich zum Rückzug aus der Region rund um Tel Rifat entschieden. Mit der Räumung soll ein mögliches Blutbad durch die unter türkischem Kommando stehende „Syrische Nationalarmee“ (SNA) verhindert werden.

Abwendung möglicher Massaker

Der Volksrat von Efrîn und Şehba hat sich zum Rückzug aus der Region rund um Tel Rifat (Tall Rifaat) entschieden. In einer Stellungnahme betonte die Versammlung am Montag, dass der Entschluss von den an den Rat gebundenen Kommunen gefällt wurde. Mit der Räumung solle ein mögliches Blutbad an der Bevölkerung durch die unter türkischem Kommando stehende Dschihadistenallianz „Syrische Nationalarmee“ (SNA) verhindert werden. Die Entscheidung bedeute nicht, dass der Widerstand aufgegeben werde.

Seit Tagen werden Tel Rifat sowie umliegende Gemeinden – einschließlich mehrerer Vertriebenenlager – und die noch selbstverwalteten Gebiete der weiter westlich gelegenen Stadt Efrîn (Afrin) von der sogenannten SNA belagert; hunderttausende Menschen, bei denen es sich größtenteils um Vertriebene aus Efrîn handelt, sind eingekesselt. Die von der Türkei finanzierte, ausgerüstete und kontrollierte Truppe aus islamistischen Milizen hatte im Schatten der Offensive der Terrororganisation Hayat Tahrir al-Sham (HTS) auf Aleppo eine eigene Invasion gestartet, um Tel Rifat zu besetzen, und erbeutete Waffensysteme der russischen und syrischen Truppen, die sich fluchtartig aus der Region zurückgezogen haben. SNA-Schutzpatron Recep Tayyip Erdoğan benennt die Stadt bereits seit 2022 als erstes Angriffsziel für den nächsten Feldzug der Türkei in Nordsyrien.

„Der türkische Staat und seine Barbarenbanden haben in den letzten Tagen intensive Angriffe gegen Tel Rifat und weitere Regionen in Şehba verübt. Die Befreiungskräfte Efrîns (HRE) leisteten erbitterten Widerstand, um unsere Bevölkerung zu schützen“, erklärte der Volksrat. „Um Massaker an unserem unschuldigen Volk zu verhindern, haben wir uns entschlossen, die vom türkischen Besatzerstaat und seinen Verbündeten belagerten Gebiete zu verlassen. Wir möchten jedoch betonen, dass der Rückzug aus Şehba nicht die Aufgabe des Kampfes um Efrîn bedeutet. Seit der Besatzung 2018 haben wir allen Schwierigkeiten getrotzt und in Lagern ausgeharrt mit dem Ziel, nach Efrîn zurückzukehren. Diesen Kampf werden wir in Zukunft noch energischer fortsetzen. Wir werden uns mit aller Kraft bemühen, unsere Heimat von den Besatzern zu befreien. Wir danken den Befreiungskräften Efrîns dafür, dass sie uns bis zum Ende verteidigt und uns ein sicheres und würdiges Leben ermöglicht haben.“

Unterdessen arbeiten die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) weiter daran, einen humanitären Korridor aufzubauen, um die Evakuierung der Bevölkerung Şehbas in andere Gebiete in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien zu gewährleisten. Doch da die Angriffe der selbsternannten SNA in der Region andauern, wurde der Fluchtkorridor durchtrennt. In einigen Regionen sind die Kommunikationsverbindungen abgeschnitten. Menschenrechtsorganisationen befürchten Massaker an den Kurdinnen und Kurden in Tel Rifat. In sozialen Medien kursieren Videos, die zeigen, wie SNA-Söldner kurdische Zivilist:innen, darunter auch Frauen, entführen.