Türkei fürchtet Verlust des Bab-Cerablûs-Azaz-Dreiecks

Die Türkei fürchtet den Verlust ihrer Vorherrschaft im Gebiet zwischen Bab, Cerablûs und Azaz in Nordsyrien.

Erdoğan und die AKP-Regierung, die aufgrund der innen- und außenpolitischen Krise der Türkei mit ihren Eroberungsplänen für die Region Efrîn alleine dastehen, müssen nun auch um ihre Vorherrschaft in den von der Türkei und türkeitreuen Milizen besetzten Gebieten im Dreieck Bab-Cerablûs-Azaz in Nordsyrien fürchten. Die türkische „Euphrates Shield“-Operation droht aufgrund interner Streitigkeiten und bewaffneter Konflikten zwischen den beteiligten Gruppierungen auseinanderzubrechen.

In der Türkei wird der unter dem Vorwand des Putschversuchs vom 15. Juli 2016 ausgerufene Ausnahmezustand zur Ursache einer sich verschärfenden innen- und außenpolitischen Krise. Vor allem im Vorfeld des Referendums vom 16. April hat sich das Verhältnis zu Europa verschlechtert. Mit dem Referendum in Südkurdistan kam es zu einer Krise mit den USA und Israel und in den Beziehungen zu vielen anderen Ländern. Während die Türkei wegen der Probleme eines Landes eine Front gegen Dutzende Staaten eröffnete, verfügte die AKP offensichtlich nicht über genügend Kraft für eine derartige Auseinandersetzung. Die AKP und Erdoğan opferten daher für ihren Machterhalt die Völker der Türkei und Nordkurdistans.

Die Außenpolitik der Türkei und in diesem Zusammenhang die Krisen mit dem Irak, dem Iran, Syrien und Israel können mit dem Sprichwort „Hunde, die bellen, beißen nicht" umschrieben werden.

Die Völker der Region erheben sich gegen die Türkei

Die Krise mit den Vereinigten Staaten, der Europäischen Union (EU), den Golfstaaten und der islamischen Union machen deutlich, dass die Türkei mit ihren Angriffsplänen auf den Kanton Efrîn in Nordsyrien alleine dasteht. Nach jüngsten Berichten aus der Region hat Russland einen Plan „zur Verringerung der Kämpfe in der Region“ entwickelt, in dessen Rahmen die Türkei sich zwar von Idlib aus der Grenze zu Efrîn nähern und leere Drohungen ausstoßen darf, es ihr jedoch nicht erlaubt ist, anzugreifen. Und auch im Dreieck Bab-Cerablûs-Azaz geht es der Türkei nicht gut. Meinungsverschiedenheiten, die sich aus dem gegenseitigen Misstrauen der an „Euphrates-Shield" beteiligten Gruppen ergeben haben, verwandeln sich zunehmend in gewaltsame Konflikte, während die Völker in der Region gegen die ihnen auferlegte „Türkisierungspolitik" rebellieren.

Revolutionäre Gruppe gegen den türkischen Staat in Azaz gegründet

In Azaz hat sich mittlerweile eine revolutionäre Gruppe vor allem aus ehemaligen Mitgliedern von Institutionen und Einrichtungen gebildet, die sich gegen diese „Türkisierungspolitik“ und die Unterdrückung, die durch die türkeitreuen Milizen ausgeübt wird, stellen. Die Gruppe warnt die Menschen vor dem Vorgehen des türkischen Staates und den an „Euphrates-Shield" beteiligten Gruppen. In Cerablûs erheben sich die Menschen gegen die Maßnahmen, die die Bevölkerung im Alltag erdulden muss.

Auf zwei Demonstrationen in der Stadt im vergangenen Monat machten die Bürger*innen klar, dass sie diese diskriminierende und die Völker voneinander trennende Politik nicht akzeptieren. Die Demonstrant*innen wiesen darauf hin, dass der türkische Staat alle Institutionen und Organisationen in der Region Turkmenen übergeben hat.

Katar hat seine Zahlungen an die Milizen eingestellt

Schon lange gibt es in der Region heftige Konflikte zwischen den bewaffneten Gruppen von „Euphrates Shield“. Diese Konflikte liegen nicht nur in lokalen Machtkämpfen begründet. Ein Grund ist die Einstellung der finanziellen Unterstützung. Katar hatte diesen Gruppen bisher finanzielle Unterstützung über Banken in der Türkei zukommen lassen. Nach aktuellen Informationen fand ein Treffen zwischen dem türkischen Geheimdienst MIT und der Verwaltung des Grenzübergangs Bab El Selam statt. Die MIT-Vertreter sollen dabei erklärt haben, dass die über türkische Banken abgewickelte Unterstützung durch Katar mit 400.000 Dollar für Dienstleistungen in der Region und militärische Logistik eingestellt werde.

Der türkische Staat fürchtet die Niederlage

Mit zunehmender außen- und innenpolitischer Schwächung hat der türkische Staat seine Syrien-Politik immer mehr auf Russland gestützt. Da Russland zu keiner gegen die Freiheitsbewegung gerichteten Position bewegt werden konnte, wurde das Vertrauen unter den zu „Euphrates Shield“ gehörigen Milizen sowie zwischen diesen und der Türkei schwer geschädigt. Die Türkei begann den Verlust der Kontrolle über das Bab-Cerablûs-Azaz-Dreieck zu befürchten. Deshalb lässt die Türkei einerseits Militär an der westlichen Grenze nach Efrîn aufmarschieren und versucht auf der anderen Seite eine neue Gruppierung aus ehemaligen Al-Nusra-Angehörigen aufzubauen.

Laut Berichten aus der Region schickte die Türkei ein Kontingent von mehr als 100 Mitgliedern von Spezialeinheiten am 24. Dezember 2017 nach Azaz und stationierte diese im Gebäude der provisorischen Regierung. Diese lernen in sieben Gruppen von jeweils 16 Personen in der Umgebung von Azaz militärische Taktiken und graben Tunnel an der Grenze nach Efrîn. Sie bauen Gräben gegen die Freiheitsbewegung gegenüber von Qestel bis zur Azaz Garaji und erlauben niemandem, das Gebiet zu durchqueren. Diejenigen, die in der Region aufgegriffen werden, werden von diesen Gruppen verhaftet.

Berichten zufolge hat der türkische Staat in der letzten Zeit große Mengen an Waffen, Munition, gepanzerten Fahrzeugen, Panzern und Artillerie in seine Hauptquartiere in Bab und Al-Raî bringen lassen. Die Türkei verfügt über 17 Kommandozentren in Nordsyrien. Der größte in der Nähe von Bab befindet sich in Dabiq und El Shawî. Bei den Dörfern Til Ehmer, Qereh Mezra, Hîwar Kilês und Yazibax werden in der von der Türkei errichteten Mauer Lücken geöffnet und über die Grenze verbotene Substanzen und Militärfahrzeuge geschmuggelt.

Die Übergangsregierung besteht aus MIT-Agenten

Nach Information einer Quelle aus der provisorischen Regierung wurde am 24. Dezember 2017 eine mobile Spezialeinheit im Gebäude der Übergangsregierung stationiert. In der Gruppe befand sich ein MIT-Agent mit dem Codenamen „Ender“, der alle Versammlungen des Rates aufzeichnete. Die Quelle berichtete, dass das Treffen zwei Stunden gedauert habe und Reşîd Zamot zum Haushaltsbüroleiter, Fîras El Mewle zum Leiter des Pressebüros und Mihemed İbrahîm El Esfer zum Leiter des Büros für Notlagen ernannt wurden. Es ist bekannt geworden, dass die ernannten Personen direkt an den MIT angebunden sind.

Der türkische Geheimdienst arbeitet weiterhin in Dörfern an der südlichen Grenze des Kantons Efrîn. Den lokalen MIT-Ansprechpartnern wird ein Lohn von 400 Dollar monatlich gezahlt. Es wurde festgestellt, dass die Personen, welche diese Aufgabe übernehmen, vorher mit Jabhat al-Nusra zusammengearbeitet haben und jetzt zivil für den MIT tätig seien.

ANHA