Unterzeichnet von 500 kurdischen Frauen
In einem offenen Brief an den designierten US-Präsidenten Donald Trump und den UN-Generalsekretär António Guterres fordern rund 500 kurdische Frauen aus Politik, Kunst und Zivilgesellschaft sowie weiterer Disziplinen die Anerkennung der Demokratischen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES). In dem von der Akademikerin und früheren Bildungsministerin der Kurdistan-Region des Irak (KRI) Narmin Othman (auch Nermîn Osman) angestoßenen Appell weisen die Unterzeichnerinnen auf die Drohungen und fortgesetzte Militärgewalt der Türkei und ihrer Verbündeten gegen die DAANES sowie ihre Bevölkerung hin und äußern Befürchtungen über einen möglichen Völkermord im physischen Sinn. Um die Bevölkerung Nord- und Ostsyriens und ihre Errungenschaften zu schützen, aber auch die Beteiligung der Autonomieverwaltung am Aufbau eines neuen Syriens zu gewährleisten, sei eine politische Anerkennung der DAANES unerlässlich:
Kampf gegen Verleugnungs- und Vernichtungspolitik
„Das kurdische Volk, das fast 50 Millionen Menschen zählt, gehört zu den ältesten Bewohnenden Mesopotamiens. Seit dem Vertrag von Lausanne im Jahr 1923 ist Kurdistan in vier Regionen aufgeteilt, wodurch die kurdische Bevölkerung einer Verleugnungs- und Vernichtungspolitik seitens der Staaten ausgesetzt ist, die diese Gebiete verwalten. Diese Teilung hat dazu geführt, dass das kurdische Volk nicht offiziell als politisches und kulturelles Mitglied der Weltgemeinschaft anerkannt wird. Trotzdem hat das kurdische Volk im vergangenen Jahrhundert unermüdlich für seine Identität, seine Rechte und seine Gleichberechtigung gekämpft und sich um ein freies und harmonisches Zusammenleben mit seinen Nachbarn bemüht. Dieser Kampf hat die Gründung der Föderation Kurdistan im Irak und der Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens geebnet.
Eckpfeiler der Hoffnung und des Fortschritts: Gemeinsamer Widerstand
Die kurdischen Errungenschaften sind jedoch weiterhin ernsthaften Bedrohungen ausgesetzt, unter anderem durch Nationalismus und radikale islamistische Gruppen. Im Jahr 2014 wurde die Welt Zeugin eines vom sogenannten IS in Şengal verübten Völkermords und der brutalen Angriffe auf Rojava, insbesondere auf Kobanê. Der IS-Terror ging über diese Regionen hinaus, richtete sich gegen die freie Welt und verursachte große Zerstörung. Der Widerstand des kurdischen Volkes und seiner Partner in Şengal und Rojava hat nicht nur den IS besiegt, sondern auch ein dauerhaftes Vermächtnis der Widerstandsfähigkeit und Solidarität für die Menschheit hinterlassen. Die Einheit, die zwischen kurdischen Frauen, lokalen Gemeinschaften und internationalen Koalitionskräften in diesem Kampf geschmiedet wurde, bleibt ein Eckpfeiler der Hoffnung und des Fortschritts.
Verschärfte Drohungen seit Sturz des Assad-Regimes
Seit dem Sturz des Regimes von Bashar al-Assad in Syrien verüben die Türkei und die mit ihr verbündeten Dschihadistenmilizen, darunter die sogenannte Syrische Nationalarmee (SNA), permanente Angriffe gegen die Autonomiegebiete im Nordosten des Landes. Diese Angriffe zielen darauf ab, das kurdische Volk und seine Errungenschaften, einschließlich der fortschrittlichen Regierungsführung der Föderation Südkurdistan, zu vernichten. Das kurdische Volk verkörpert mit seinem kulturellen Erbe, seiner demokratischen Verwaltungsformen, seinen säkularen Werten und seinem Eintreten für die Freiheit der Frauen die Grundsätze eines modernen, integrativen Nahen Ostens. Wer diese Werte untergräbt, schadet den gemeinsamen Idealen von Freiheit und Demokratie, die eine Brücke zwischen östlicher und westlicher Zivilisation bilden.
Die anhaltenden Angriffe und der drohende Völkermord gegen die physische und politische Existenz des kurdischen Volkes, insbesondere der Frauen, in Rojava bestehen fort, weil die Autonomieverwaltung Nord- und Ostsyriens von der internationalen Staatengemeinschaft und ihren Gremien nicht offiziell anerkannt wurde.
Wir, die unterzeichnenden kurdischen Frauen und Organisationen, fordern Sie dringend auf, den Status der DAANES offiziell anzuerkennen und ihre internationale Sicherheit zu gewährleisten. Diese Selbstverwaltung ist ein Garant für Freiheit und demokratisches Leben, nicht nur für das kurdische Volk, sondern auch für die Welt, und insbesondere Frauen. Die Bedrohung durch dschihadistische Milizen und den IS ist eine existenzielle Gefahr für Frauen, es drohen Massaker, schwerwiegende sexualisierte Gewalt und Versklavung. Die Selbstverwaltung repräsentiert den kollektiven Willen und die Führung kurdischer Frauen und von Frauen aus der ganzen Welt.
Wir glauben, dass die politische Anerkennung der Autonomieverwaltung Nord- und Ostsyriens den Status des kurdischen Volkes und der Frauen als gleichberechtigte und freie Beteiligte am Wiederaufbau Syriens sichern wird. Wir vertrauen darauf, dass Sie diesen Aufruf beherzigen und ein aufrichtiges Beispiel für Freundschaft und Solidarität geben werden.“
Weltweite Unterstützung für Appell
Der Appell wurde von Wissenschaftlerinnen, Autorinnen, Künstlerinnen, Journalistinnen und Politikerinnen unterzeichnet. Unter ihnen sind auch Persönlichkeiten wie Zeynep Murad, die Ko-Vorsitzende des Nationalkongress Kurdistan (KNK) ist, die Außenbeauftragte der DAANES Ilham Ehmed, die PYD-Politikerin Foza Yousif, alle weiblichen Mitglieder der DEM-Fraktion im türkischen Parlament, die Ex-Bürgermeisterin von Cizîr, Leyla Imret, Rechtsanwältinnen aus diversen Ländern sowie die Musikerin Deniz Deman. Die gesamte Liste der Unterzeichnerinnen kann auf der Webseite https://anfenglishmobile.com/women/kurdish-women-call-for-the-recognition-of-the-autonomous-administration-of-north-and-east-syria-77174 eingesehen werden.