Mabeta: Ein Zufluchtsort für Aleviten

Efrîn war schon immer ein Zufluchtsort für Menschen, die Schutz vor den Gräueltaten des türkischen Staates gesucht haben. Alevitische Kurd*innen flohen vor allem nach Mabeta.

Der nordsyrische Kanton Efrîn, der laut dem türkischen Präsidenten Erdoğan als „ein Erbe des Osmanischen Reiches“ besetzt werden soll, war schon immer ein sicherer Hafen für Menschen, die Zuflucht vor den Gräueltaten des Osmanischen Reiches und der türkischen Regierung gesucht haben, die aus den Überresten der Osmanen resultierte.

Efrîn, das für alevitische, ezidische, armenische, turkmenische und andere Völker und Glaubensgemeinschaften zur Heimat wurde, steht nun einer neo-osmanischen Invasion gegenüber.

Kette der Gräueltaten

Mabeta wurde zum Zufluchtsort für Alevit*innen, die der Unterdrückung der Osmanen und der türkischen Republik entkamen. Viele alevitische Kurd*innen von Mabeta flüchteten nach den Gräueltaten des „grausamen Sultan Selim I.“ hierher. Doch auch später ließ die Verfolgung der Alevit*innen nicht nach. Zu Zeiten des Genozids an den Armenier*innen 1915 flohen abermals Alevit*innen aus Nordkurdistan nach Mabeta. Dieselbe Verfolgung setzte sich 1938 fort, als die Bevölkerung von Dersim einem Völkermord gegenüberstand. Erneut machten sich Alevit*innen auf den Weg, um in Mabeta Zuflucht zu finden.

Der 77-jährige Hüseyin Hasan Ala, den wir in seinem Haus in Mabeta besuchen, gehört der zweiten Generation der Alevit*innen an, die vor Verfolgung geflohen sind. Er erzählt uns, wie Mabeta entstanden ist und zur Heimat für Menschen wurde, die den Gräueltaten des Osmanischen Reiches und der türkischen Republik entkamen. Früher sei Mabeta ein Dorf gewesen, das von zwei Familien gegründet wurde.

Flucht aus Elbistan

Laut den Schilderungen seiner Vorfahren sei die Familie von Hüseyin Hasan aus der Region Meletî-Albistan nach Mabeta gekommen. Damals habe hier eine Familie Karpêz von der Viehzucht gelebt. „Onkel Hüseyin“ berichtet, dass seine Vorfahren der Familie Ala und die Mitglieder der Familie Karpêz sich schnell zusammentaten. Einen Teil des Dorfes bewohnten die Mitglieder der Familie Karpêz, in dem anderen ließ sich die Familie Ala nieder. Die Familie Ala wollte nach einer gewissen Zeit in ihre Heimat zurückkehren, doch die Familie Karpêz meinte, dies wäre keine so gute Idee. Die Osmanen würden sie umbringen, sagten sie. Deshalb entschloss sich Familie Ala, in Mabeta zu bleiben.

‚Wir alle waren Äste desselben Baums‘

Onkel Hüseyin erzählt uns, dass seine Familie in der bereits siebten Generation in Mabeta lebt, und listet uns sogar den Stammbaum seiner Ahnen auf. Mit der Zeit seien weitere Familien nach Mabeta gekommen und somit sei das Dorf gewachsen. Später stießen auch Sunnit*innen, Êzid*innen und Menschen anderer Völkergruppen dazu und ließen sich dort nieder. Jeder sei herzlich willkommen gewesen, sagt Onkel Hüseyin. Doch die meisten Menschen seien in den Jahren 1937-1938 gekommen: „Damals habe ich noch nicht gelebt. Bei uns gab es aber nie Grundbesitz oder Bodenrechte. Wir haben in Frieden miteinander gelebt, denn wir alle waren Äste desselben Baums. Wir alle waren Kurd*innen.“

Der Name Mabeta

Hüseyin Hasan erklärt, dass es zwei verschiedene Versionen zu dem Namen von Mabeta gibt:

„Wir sind überzeugt davon, dass sich der Name Mabeta von dem Gebetshaus [kurdisch: mabet] ableitet, das hier errichtet wurde. Denn beide alevitische Familien haben hier jeweils ein Gebetshaus gebaut. Da es das einzige alevitische Dorf in der Region ist, liegt es nahe, dass das Dorf aus diesem Grund Mabeta genannt wurde. Nach einer anderen Überlieferung wurde Mabeta wegen der freundschaftlichen Beziehung zwischen den Familien Karpêz und Ala als Ort für „liebliche Plauderei“ [arabisch: muhabbet] bezeichnet, weshalb das Dorf mit der Zeit von einigen auch Mabetli genannt wurde. Die erste Version erscheint mir jedoch schlüssiger“, so Onkel Hüseyin.

„Der türkische Staat möchte unser Land beschlagnahmen“

Hüseyin Hasan erwähnt, dass sie immer noch Verwandtschaft in Nordkurdistan haben und Teil des Volksstamms Ala seien. Die Verfolgung durch den türkischen Staat habe nie aufgehört: „Dieses Land gehören uns, doch der türkische Staat hat ein Auge darauf geworfen. Und die ganze Welt schweigt dazu.“