Erdoğan stellt neues Kabinett vor

Nach seiner Vereidigung im Parlament hat Recep Tayyip Erdoğan sein Kabinett teilweise neu aufgestellt. Der frühere Geheimdienstchef Hakan Fidan wird Außenminister der Türkei.

Nach seiner Vereidigung als Präsident der Türkei hat Recep Tayyip Erdoğan sein Kabinett teilweise neu aufgestellt. Der Ökonom Mehmet Şimşek soll das Finanzressort führen und die kriselnde Wirtschaft des Landes wieder auf Kurs bringen. Der gebürtige Kurde gilt als Vertreter einer orthodoxen Finanz- und Wirtschaftspolitik – Fachleute erwarten, dass er die umstrittene Niedrigzinspolitik aufgibt. Şimşek war zwischen 2009 und 2018 bereits Vizeregierungschef und Finanzminister. Beim Übergang zum Präsidialsystem vor fünf Jahren musste er das Finanzressort an den Erdoğan-Schwiegersohn Berat Albayrak abgeben.

Das Wirtschaftsressort übernimmt Ömer Bolat, der im Vorstand der Albayrak-Holding sitzt. Dabei handelt es sich um einen eng mit Erdoğan verbandelten Mischkonzern in den Bereichen Bau, Industrie, Logistik, Dienstleistungen wie Zählerablesung sowie Medien, der bei Ausschreibungen staatlichen Großaufträge begünstigt wird. Erdoğans langjähriger Vertrauter, Geheimdienstchef Hakan Fidan, wird neuer Außenminister. Mevlüt Çavuşoğlu, der seit fast zehn Jahren den Posten innehatte, ist nicht mehr Teil des neuen Kabinetts. Die Leitung des Justizministeriums bekam Yılmaz Tunç, ehemaliger Vizevorsitzende des Justizausschusses der Nationalversammlung.

Stabschef Yaşar Güler wurde zum Verteidigungsminister ernannt, der bisherige Istanbuler Gouverneur Ali Yerlikaya soll als neuer Innenminister fungieren. Die einzigen Minister, die nicht ausgetauscht wurden, sind Fahrettin Koca und Mehmet Nuri Ersoy. Letzterer übernimmt den Posten des Ministers für Tourismus und Kultur, Koca bleibt Gesundheitsminister. Beide sind nicht Mitglied der AKP, sondern üben ihr Amt als parteilose Politiker aus. Einzige Frau im Kabinett ist die neue Familienministerin Mahinur Özdemir Göktaş.

Erdoğan war am Samstag für eine weitere fünfjährige Amtszeit vereidigt worden. Er werde seine Pflicht „unparteiisch“ erfüllen und sich mit aller Kraft dafür einsetzen, um die Existenz und Unabhängigkeit des Staates zu schützen, hieß es in dem Eid, den der seit 2003 herrschende Erdoğan im Parlament ablegte. Von seiner Partei der AKP und ihren nationalistischen und islamistischen Partnern bekam Erdoğan Applaus, Mitglieder der Oppositionsparteien missachteten die Regeln und standen aus Protest nicht auf. Die Zeremonie endete mit 101 Salutschüssen.

Seine Amtszeit von nun weiteren fünf Jahren wird es Erdoğan ermöglichen, seine zunehmend autoritäre Politik fortzusetzen. Er war vergangenen Sonntag in einer Stichwahl mit gut 52 Prozent der Stimmen als Präsident bestätigt worden. Am 14. Mai hatten die AKP und ihre Verbündeten, darunter die rechtsextreme MHP und die islamistische Hüda Par – dem politischen Arm der Terrororganisation Hizbullah, die in den 1990er Jahren für brutale Morde in Kurdistan verantwortlich war – bereits die Mehrheit im Parlament gewonnen. Das Erdoğan-Lager kam auf 323 von insgesamt 600 Sitzen, die für eine Verfassungsänderung nötige Zweidrittelmehrheit wurde nicht erreicht.

Nach der Vereidigung im Parlament fand eine Zeremonie im Präsidentenpalast mit hochrangigen Vertretern aus 78 Ländern und internationalen Organisationen statt – darunter NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, der venezolanische Präsident Nicolas Maduro, Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban und Aserbaidschans Präsident Aliyev. Auch der Präsident der Kurdistan-Region Irak (KRI) Nêçirvan Barzanî war eingeladen.