Ein Tag in Girê Spî – drei Jahre nach der Befreiung

Gestern sind genau drei Jahre seit der Befreiung von Girê Spî vergangen. Wir haben die Stadt noch einmal besucht. In den letzten drei Jahren fand in jeder Hinsicht ein Wandel statt.

Heute vor drei Jahren zogen wir gemeinsam mit den Volks- und Frauenverteidigungseinheiten (YPG und YPJ) in Girê Spî ein. An jenem Tag wurden die schwarzen Fahnen des Islamischen Staat (IS) eingeholt und die der YPG und YPJ gehisst. Dieser Tag war für ganz Rojava und Nordsyrien ein besonderer, denn einerseits war eine weitere Stadt von der Besatzung durch den IS befreit worden und andererseits wurde die Verbindung zwischen Raqqa, der Hauptstadt des IS, und der Türkei getrennt und eine Verbindung zwischen den Kantonen Cizîrê und Kobanê hergestellt.

Obwohl Girê Spî nur eine kleine Stadt ist, war sie von fundamentaler Bedeutung für den IS und die Türkei. Manche Quellen berichten, dass es zu dieser Zeit einen offenen Handel zwischen der Türkei und dem vom IS besetzten Girê Spî gegeben habe. Aus diesem Grund war die Befreiung von Girê Spî ein großen Schlag gegen den IS.

Seit der Befreiung von Girê Spî sind nun drei Jahre vergangen. Wir haben die Stadt noch einmal besucht. In den letzten drei Jahren fand an allen Ecken und in jeder Hinsicht ein Wandel statt. Girê Spî, auch Tell Abyad genannt, ist eine Stadt mit vielen Identitäten. Kurd*innen, Araber*innen, Turkmen*innen, alle leben hier zusammen. Wenn wir uns in der Stadt bewegen, dann können wir das ganze Spektrum der Identitäten an der Kleidung der Menschen erkennen.

Die Verwaltung der Stadt findet in Form eines unabhängigen Kantons statt. Die Dienstleistungs- und Sicherheitseinrichtungen sind immer aktiv. Der ehemalige Ko-Vorsitzende des Kantons Girê Spî, Hemîd Elebid, berichtet uns von dem Wandel der letzten drei Jahre. Elebid weist auf die Versuche der Türkei hin, über die Grenze hinaus Chaos zu stiften: „In den letzten drei Jahren war der türkische Staat andauernd darum bemüht, auf irgendeine Weise Chaos in der Stadt zu stiften. An der Grenze zur Türkei wurden drei Bäuer*innen ermordet. Jetzt halten die Landarbeiter*innen Distanz zur Grenze, denn der türkische Staat eröffnet das Feuer auf sie. Der türkische Staat versucht auch, Chaos durch Schläferzellen in der Stadt zu schaffen.“

Bildung und Schule

Das, was unsere Aufmerksamkeit in Girê Spî erregt, sind die Bildungseinrichtungen. In jeder Klasse gibt es verschiedene Bereiche. Das Lehrmaterial ist zweisprachig, Arabisch und Kurdisch. Die Schüler*innen wählen ihre Bereiche entsprechend ihrem Wunsch und ihrer Identität. In den letzten drei Jahren arbeitet die Bildungsbehörde regulär. Der für die Bildung verantwortliche Salih Misi sagte dazu: „Wir haben die Identitäten der Menschen der Region zur Grundlage genommen und haben unsere Schulen den Sprachen unserer Schüler*innen geöffnet. Aus diesem Grund haben wir verschiedene Bereiche eröffnet, das war sehr nützlich. Kurd*innen, Araber*innen und Turkmen*innen lernen an der selben Schule in ihren eigenen Sprachen.“

Während wir uns in der Stadt bewegen, berichten die Menschen uns immer wieder, dass die Akzeptanz untereinander in der Stadt stark geworden sei. Der Einfluss des IS hatte die unterschiedenen Identitäten einander zum Feind gemacht, aber in den vergangenen drei Jahren hat die Finsternis des IS ihren Einfluss verloren und die vielen Farben der Stadt sind von Neuem ans Licht gekommen.