Philosoph Edgar Morin unterstützt Öcalans Friedensaufruf

Der renommierte französische Philosoph und Soziologe Edgar Morin begrüßt den Aufruf Abdullah Öcalans. Für einen möglichen Friedensprozess in der Türkei sprach der 103-Jährige der DEM-Partei seine Unterstützung aus.

„Es lebe die Freiheit, es lebe die Demokratie.“

Der renommierte französische Philosoph und Soziologe Edgar Morin begrüßt den Aufruf Abdullah Öcalans für Frieden und eine demokratische Gesellschaft in der Türkei. In einer an die DEM-Partei und die Imrali-Delegation gerichteten Botschaft bekundete er seine Unterstützung für einen möglichen Friedensprozess. Öcalan hatte Ende Februar in einer historischen Erklärung die PKK zum Niederlegen der Waffen aufgerufen. Der Schritt solle den Weg zu Frieden sowie einer würdevollen Lösung der Kurdistan-Frage ebnen.

In seiner auf Französisch und Türkisch übermittelten Botschaft betonte Morin die Bedeutung der freien Meinungsäußerung und der demokratischen Debatte als universelle Werte der Menschheit. Er begrüßte die jüngsten Entwicklungen in der türkisch-kurdischen Politik, insbesondere die Annäherung zwischen verschiedenen politischen Lagern, wie sie durch den Handschlag zwischen dem MHP-Vorsitzenden Devlet Bahçeli und Abgeordneten der DEM-Partei sowie durch Öcalans Aufruf vom 27. Februar zum Ausdruck gekommen sei. Morin appellierte an alle Beteiligten, den Willen der türkischen und kurdischen Bevölkerung zum friedlichen Zusammenleben zu respektieren und aktiv zu unterstützen.

Der Philosoph hob hervor, dass die Fähigkeit zur freien Diskussion und Reflexion seit Sokrates ein grundlegendes Merkmal der menschlichen Existenz sei. Frieden bedeute nicht Uniformität, sondern die Bereitschaft, einander zuzuhören, Argumente auszutauschen und Überzeugungsarbeit zu leisten, ohne auf Gewalt zurückzugreifen. Die demokratische Transformation der Türkei sei eine Frage der menschlichen Würde und müsse gegenüber allen imperialistischen Einflüssen verteidigt werden. „Daher erkläre ich meine ausdrückliche Unterstützung für die Einheit des türkischen und kurdischen Volkes“, betonte Morin. Seine Botschaft beendete der 103-Jährige mit den Worten: „Es lebe die Freiheit, es lebe die Demokratie.“

Edgar Morin: Ein Leben für Philosophie und Soziologie

Edgar Morin wurde 1921 in Paris geboren und gilt als eine der prägendsten Figuren der modernen Soziologie und Philosophie. Er entstammt einer sephardisch-jüdischen Familie aus Thessaloniki, bezeichnet sich jedoch als Atheisten. Während des Spanischen Bürgerkriegs engagierte er sich in antifaschistischen Bewegungen, im Zweiten Weltkriegs spielte er eine aktive Rolle in der französischen Résistance.

Nach zeitweiligen Sympathien für die Kommunistische Partei Frankreichs (PCF), der er in der Résistance beigetreten war, distanzierte Morin sich 1951 von ihr und entwickelte im Laufe der Jahrzehnte eine differenzierte, interdisziplinäre Perspektive auf gesellschaftliche Entwicklungen. Er ist emeritierter Directeur de recherche am „Centre national de la recherche scientifique“ (CNRS) und der „École des hautes études en sciences sociales“ (EHESS) in Paris.

Er ist Autor zahlreicher wissenschaftlicher Werke und Träger von Ehrenpromotionen an 38 Universitäten weltweit. Sein Lebenswerk hat die zeitgenössische Sozialwissenschaft nachhaltig geprägt.