Lösung der kurdischen Frage
Der Vorstand der DEM-Partei hat nach einer Dringlichkeitssitzung am Samstag eine Erklärung abgegeben, in der er eine friedliche und demokratische Lösung der kurdischen Frage, ein Ende der Isolation von Abdullah Öcalan und eine dringende Abkehr von der Politik der Zwangsverwaltung forderte. Die Erklärung erfolgte in einer Zeit eskalierender Entwicklungen, darunter die Ernennung von Treuhändern anstelle der gewählten Bürgermeister:innen in mehrheitlich kurdischen Gemeinden in der Türkei, verstärkten Angriffen der türkischen Armee in Nordsyrien und Nordirak und Äußerungen des Vorsitzenden der Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP), Devlet Bahçeli, der einen bedingten Dialog über die kurdische Frage vorschlug.
Kurdische Frage im aktuellen Kontext
Die DEM-Partei betonte in der Mitteilung, dass das drängendste Problem der Türkei nach wie vor die ungelöste kurdische Frage sei, die auch regionale und internationale Dimensionen aufweise. Eine friedliche Lösung sei für die demokratische Zukunft des Landes unerlässlich und könne im aktuellen globalen und nahöstlichen Kontext nicht ignoriert werden. „Wie ausgetrocknete Erde sich nach Wasser sehnt, sehnt sich unser Land nach sozialem Frieden“, erklärte die Partei und unterstrich die Dringlichkeit einer Lösung, die alle gesellschaftlichen Gruppen einbezieht.
Rolle von Abdullah Öcalan
Der DEM-Vorstand hob hervor, wie wichtig es sei, die Isolation von Abdullah Öcalan zu beenden, und wies darauf hin, dass seine Beteiligung für einen dauerhaften Frieden von entscheidender Bedeutung sei. Unter Berufung auf den jüngsten Besuch von Öcalans Neffen und DEM-Abgeordneten Ömer Öcalan auf der Gefängnisinsel Imrali bekräftigte der Parteivorstand seine Forderung, dass der PKK-Begründer in jedem Friedensprozess ein Verhandlungspartner sein müsse. „Öcalans Rolle ist für einen dauerhaften Frieden und eine demokratische Lösung von grundlegender Bedeutung“, heißt es in der Erklärung. Die Beendigung seiner Isolation sei notwendig, um „die Hoffnung auf gesellschaftlichen Frieden zu stärken und einer demokratischen Lösung Substanz zu verleihen“.
Zwangsverwaltung in Kurdistan
Die DEM-Partei kritisierte die Ernennung von Treuhändern durch die türkische Regierung als ungesetzlichen Eingriff der Zentralmacht in die Kommunalverwaltung und forderte die Beendigung dieser seit acht Jahren andauernden Praxis. In der Erklärung wurde argumentiert, dass die Ersetzung gewählter Bürgermeister:innen durch staatlich ernannte Zwangsverwalter das Vertrauen der Bevölkerung in demokratische Grundrechte untergräbt und das aktive und passive Wahlrecht aushebelt.
Demokratisierung der Türkei
Der richtige Ort für einen Dialog und Verhandlungen über eine Lösung sei das Parlament, wurde in der Erklärung betont. Die DEM-Partei bekräftige ihr Engagement für eine aktive und konstruktive Rolle im Friedensprozess und forderte Rechts- und Verfassungsreformen zum Schutz der kulturellen und identitätsbezogenen Rechte aller Bürgerinnen und Bürger:
„Es ist von größter Bedeutung, das Wort zu ergreifen und den Willen zur Lösung der kurdischen Frage zu bekunden. In diesem Zusammenhang legen wir Wert auf die jüngsten Erklärungen des Regierungsbündnisses zu diesem Thema. Auch die verantwortungsvollen Äußerungen und Haltungen der politischen und gesellschaftlichen Opposition zu diesem Thema sind wichtig. Denn die kurdische Frage ist ein zentrales Thema, das alle Bereiche der Politik und Gesellschaft betrifft. Die Lösung der kurdischen Frage ist zu wichtig, als dass sie zum Material einer engstirnigen und aktuellen Politik gemacht werden darf. Deshalb ist es unerlässlich, nicht mit den demokratischen Bestrebungen des kurdischen Volkes zu spielen und die Forderungen der Gesellschaft nach einer demokratischen Lösung und Frieden nicht kleinen Berechnungen und Interessen zu opfern. Wer eine Rolle bei einer demokratischen Lösung spielen will, muss eine der Ernsthaftigkeit des Themas entsprechende Haltung einnehmen und konkrete Vorschläge unterbreiten. Die Forderung des kurdischen Volkes nach Rechten und Freiheiten sollte nicht als Wunsch nach Abspaltung verstanden werden, sondern als Teil der Demokratisierung der Türkei und des Ziels eines gemeinsamen und gleichberechtigten Lebens.“
Lösungsmodell für den Nahen Osten
Abschließend appellierte die DEM-Partei an alle demokratischen Kräfte in der Türkei, sich in einem gemeinsamen Kampf für Frieden zu vereinen. Sie forderte die Regierung auf, konkrete Schritte in Richtung einer demokratischen Lösung der kurdischen Frage zu unternehmen. Das sei nicht nur für die Stabilität der Türkei entscheidend, sondern auch als potenzielles Modell für den Frieden im gesamten Nahen Osten.