Barzanî spricht mit türkischem Generalkonsul über Şengal-Abkommen

Der PDK-Vorsitzende Mesûd Barzanî und der türkische Generalkonsul in Hewlêr haben sich bei einem Gespräch über das Şengal-Abkommen ausgetauscht. Die Zusammenkunft deutet auf einen neuen Anlauf zur Durchsetzung des Deals über die Verwaltung der Region hin.

Der PDK-Vorsitzende Mesûd Barzanî und der Generalkonsul der Türkei in der Kurdistan-Region Irak (KRI), Memet Mevlüt Yakut, haben sich bei einem Gespräch in Selaheddîn über die Beziehungen zwischen Hewlêr (Erbil) und Ankara sowie die politische Lage in der Region ausgetauscht. Dabei betonte Barzanî laut einer Mitteilung seines Büros, dass die Prioritäten beider Regierungen in einer Normalisierung in der Region und der Wahrung von Frieden und Sicherheit im Irak und der KRI liegen sollten, um Stabilität zu gewährleisten. Erörtert wurden demnach auch die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen der Türkei und der KRI.

Ein weiteres wichtiges Thema der Zusammenkunft seien die Beziehungen zwischen der KRI und der irakischen Zentralregierung in Bagdad und in diesem Zusammenhang das Şengal-Abkommen gewesen, heißt es weiter. Beide Seiten seien sich einig darüber, dass die Umsetzung des Deals „von großer Bedeutung“ sei, um sicherzustellen, den vertriebenen Ezid:innen eine Rückkehr in ihre Heimat zu ermöglichen und damit „ihre Schmerzen und ihr Leid“ zu beenden. Man sei einvernehmlich zu dem Schluss gekommen, Bagdad darauf zu drängen, Maßnahmen für dieses Vorhaben im Sinne der beteiligten Parteien – Ankara und Hewlêr – zu ergreifen.

Die Zusammenkunft zwischen dem PDK-Chef Barzanî und dem türkischen Generalkonsul deutet auf einen neuen Anlauf zur gewaltsamen Durchsetzung des sogenannten Şengal-Abkommens hin. Das vor zwei Jahren zwischen der damaligen Kadhimi-Regierung und der südkurdischen Leitung in Hewlêr auf Druck der Türkei und unter UN-Vermittlung getroffene Abkommen zielt erklärtermaßen auf eine stabile Sicherheitslage und die Rückkehr von vor dem IS-Genozid 2014 geflüchteten Bewohner:innen ab, die sich weiterhin in Vertriebenenlagern aufhalten. Tatsächlich ist vielmehr die Zerschlagung der nach dem IS-Angriff von der Bevölkerung aufgebauten Selbstverwaltungsstrukturen das Ziel. Dafür sieht das Abkommen unter anderem die Auflösung bzw. den Abzug aller bewaffneten Kräfte – einschließlich der ezidischen Widerstandseinheiten YBŞ/YJŞ sowie die Asayîşa Êzdîxanê – außer der irakischen Armee und Polizei und die Ernennung von 2500 neuen Mitgliedern der Sicherheitskräfte vor. Auch die Demokratische Selbstverwaltung MXDŞ, die unter dem Eindruck des Völkermords aufgebaut wurde, soll aufgelöst werden. Für die politische Verwaltung sieht das Abkommen erneut einen KRI-Gouverneur vor, was in der Praxis unweigerlich zu einer neuerlichen PDK-Administration führt.

Bei der Autonomieverwaltung Şengals, der ezidischen Zivilgesellschaft und breiten Teilen der Bevölkerung stößt das Şengal-Abkommen in seiner jetzigen Form daher auf Ablehnung. Der zentrale Kritikpunkt ist, dass der Deal über die Köpfe der ezidischen Gemeinschaft hinweg getroffen wurde und selbst Ansichten der Bewohner:innen nicht eingeholt wurden. Das Resultat sind massive Proteste und Widerstände unterschiedlicher Form, die eine Durchsetzung der Vereinbarung bisher verunmöglicht haben. Gefordert wird, das Selbstbestimmungsrecht der Ezidinnen und Eziden und damit politische und administrative Mitspracherechte anzuerkennen und die bestehende Autonomie Şengals im Irak zu formalisieren.