Völkerrecht unter Beschuss der Türkei
Nach den türkischen Luftangriffen am Mittwoch und Donnerstag auf eine zivile Friedenswache an der Tişrîn-Talsperre in Nordsyrien ist die Zahl der Todesopfer auf fünf gestiegen. Darüber hinaus wurden 40 Menschen zum Teil schwer verletzt, sagte die Ko-Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Kanton Firat, Ezîze Îbrahîm, am Abend zu Journalist:innen. Sie rechne mit weiteren Todesopfern, da der Zustand einiger Verwundeter äußerst kritisch sei. „Weil die Türkei auch unsere Ambulanzen bombardiert, konnten die Schwerverletzten bisher nicht ins Krankenhaus evakuiert werden“, so Îbrahîm. Zuvor hatten die Autonomiebehörden von vier Toten und 29 Verletzten gesprochen.
Ezîze Îbrahîm sagte weiter, dass die Türkei und deren Proxytruppe „Syrische Nationalarmee“ (SNA) wiederholt schwere Menschrechtsverletzungen und mutmaßliche Kriegsverbrechen in der DAANES verübten, es jedoch von Seiten der internationalen Staatengemeinschaft keine Reaktion gebe. Es sei enttäuschend, dass die Welt dabei versage, auf Aufrufe nach einem Eingreifen gegen die ungerechtfertigte Gewalt zu reagieren. Gerade die Bombardierungen des Tişrîn-Damms sowie der Ambulanzen und Autos von Teilnehmenden der Mahnwache auf dem Gelände der Energieanlage würden eindeutige Hinweise darauf liefern, dass die Türkei „genozidale Absichten“ bei ihrem Vorgehen gegen die Region habe.
Krankenhäuser, medizinisches Personal und Ambulanzen stehen nach Artikel 18 der Genfer Konvention unter einem besonderen Schutz und dürfen „unter keinen Umständen das Ziel von Angriffen bilden“. Sie sollen jederzeit von den an einem bewaffneten Konflikt beteiligten Parteien geschont und jederzeit geschützt werden. Ein vorsätzlicher Angriff auf Kliniken, Krankenwagen oder medizinische Einheiten stellt gemäß Artikel 8 des Römischen Statuts ein Kriegsverbrechen dar. Die Türkei ignoriert das Völkerrecht jedoch zur Durchsetzung eigener Interessen – der Zerschlagung der DAANES und Besetzung der Region. „Dies kann aber nicht rechtfertigen, Ambulanzen und medizinischem Personal ihren völkerrechtlichen Schutzstatus zu entziehen“, betonte Îbrahîm.