Iran: Inhaftierte Arbeitsrechtlerin schildert Folter

Die in Iran zum Tode verurteilte Arbeitsrechtlerin Sharifeh Mohammadi schildert in einem Brief an ihren Sohn die Misshandlungen während ihrer Haft. Beim Anblick ihres eigenen, von Blutergüssen gezeichneten Gesichts habe sie sich kaum wieder erkannt.

Sharifeh Mohammadi

Die iranische Arbeitsrechtsaktivistin und Menschenrechtlerin Sharifeh Mohammadi, die in Iran zum Tode verurteilt wurde, hat in einem im Gefängnis verfassten Brief die erlittenen Misshandlungen und Folterungen während ihrer Haft geschildert. In dem laut Radio Farda von der „Kampagne zur Verteidigung von Sharifeh Mohammadi“ veröffentlichten Schreiben beschreibt sie, wie sie während der Verhöre körperlicher Gewalt ausgesetzt war, die zu erheblichen Verletzungen führte, und die in drei Monaten Einzelhaft 14 Kilogramm an Körpergewicht verlor. So berichtet sie von einer Situation, in der ein Beamter ihr einen Spiegel vorhielt, nachdem sie monatelang keinen Blick auf sich selbst werfen konnte. Beim Anblick ihres eigenen, von Blutergüssen gezeichneten Gesichts erkannte sie sich kaum wieder.​

Mohammadi wurde im Dezember 2023 verhaftet und im Juli 2024 vom Revolutionsgericht in Rasht wegen „bewaffneter Rebellion gegen den Staat“ zum Tode verurteilt. Obwohl der Oberste Gerichtshof dieses Urteil im Oktober 2024 aufhob, wurde sie im Februar erneut zum Tode verurteilt. Die Behörden informierten sie jedoch erst kurz vor einem geplanten Treffen mit ihrem Ehemann und ihrem Sohn über das Urteil. Sie ist im Lakan-Gefängnis in der Provinz Gilan inhaftiert.

Die Verurteilung basiert auf Mohammadis über zehn Jahre zurückliegenden Mitgliedschaft im „Komiteye-Hamahangi“, eine in Iran legale Einrichtung zur Unterstützung der Gründung von Interessenverbänden und Gewerkschaften. Dennoch wirft das Revolutionsgericht Mohammadi staatsgefährdende Aktivitäten vor, weil sie sich als angebliches Mitglied der kurdischen Partei Komala für die Organisation betätigt habe. Mohammadi weist das zurück und auch die Komala dementiert, dass sie Mitglied der Partei gewesen ist.

In ihrem Brief betont Mohammadi gegenüber ihrem Sohn, dass sie sich keiner Straftat bewusst sei, die eine derart harte Strafe rechtfertigen würde. Trotz der schwierigen Umstände äußert sie Hoffnung und Entschlossenheit: „Der Frühling ist wiedergekehrt, was bedeutet, dass kein Winter ewig währt. Man darf nicht verzweifeln, sondern muss weiterleben und hoffen.“

Menschenrechtsorganisationen im In- und Ausland haben das Todesurteil gegen Sharifeh Mohammadi scharf kritisiert und fordern dessen Aufhebung. Sie sehen darin einen weiteren Beleg für die Unterdrückung von Aktivist:innen und die Missachtung grundlegender Menschenrechte in Iran. Laut Amnesty International basiert das Todesurteil gegen Mohammadi auf ihrem Einsatz für Frauen- und Arbeitnehmer:innenrechte und die Abschaffung der Todesstrafe.